Abfall/Müll – Tipps zur Entsorgung auf hoher See

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Sönke hat 80.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

Auf längeren Überfahrten spielt das Thema Abfallentsorgung eine wichtige Rolle

Bleibt das Land für längere Zeit hinter dem Heck zurück, entsteht auf See Tag für Tag neuer Abfall, der erst im nächsten Hafen entsorgt werden kann. Was also tun, wenn der Mülleimer Seemeile für Seemeile voller wird und der Abfall womöglich langsam unangenehm zu riechen beginnt? Den Abfall über Bord zu kippen, ist logischerweise keine Option. Daher sollte sich vor einer längeren Überfahrt im Vorwege mit dem Thema Abfallentsorgung beschäftigt werden.

Was beim Ablegen an Bord gepasst hat, passt beim Ankommen auch noch an Bord!

Mit dieser einfachen Regel lässt sich gut beschreiben, worum es im Kern geht. Anders formuliert meine ich, dass wir unseren Abfall mit zum nächsten Hafen nehmen, egal wie weit dieser entfernt ist und wie lange das dauert. Dies sollte umwelttechnisch immer der erste Gedanke sein. Doch wie gelingt das in der Praxis?

Hierzu wird der Müll fast immer in drei Stufen behandelt:

  1. Trennen
  2. Reinigen oder Verschließen
  3. Zerkleinern

Mit der „Trennung” unter Punkt 1 meine ich vor allem die Trennung nach „kann man reinigen” oder „kann man nicht reinigen”. Die Trennung nach Stoffen (Pappe/Papier, Plastik etc.) ist natürlich wichtig, aber in meinen Augen nur dann sinnvoll, wenn das Zielland den Abfall auch trennt. Andernfalls wird er dort wieder zusammengeworfen.

Indonesien: Plastikmüll treibt in einem Hafen im Wasser umher. Hierzu sollten Segler keinesfalls beitragen! ©Sönke Roever

Die Vermeidung von unangenehmen Gerüchen ist ein wichtiger Punkt beim Umgang mit Abfall auf Yachten

Sehr interessant ist auf See insbesondere der zweite Punkt „Reinigen oder Verschließen“. Hiermit wird ganz gezielt Gerüchen vorgebeugt. Gerade die Gerüche können bei Abfall äußerst unangenehm werden, was nicht unbedingt zum Wohl der Crew an Bord beiträgt. Wer auf einer Ozeanüberquerung seinen Abfall ungetrennt in nur einem Beutel entsorgt und diesen dann irgendwann augenscheinlich dicht verschließt, wird schnell feststellen, dass insbesondere einfache Müllbeutel aus dem Handel oftmals nicht ausreichen, eine Geruchsbildung zu verhindern. Das gilt auch für parfümierte Säcke. Zielführender ist in meinen Augen bei einer Langfahrt daher ein anderes Vorgehen.

Stauen für eine Ozeanüberquerung. Beim Verbrauch der Waren entsteht Abfall. ©Sönke Roever

Bei uns an Bord hat sich Folgendes bewährt: Getränke- oder Konservendosen können ausgespült und in einem eigenen Sack gelagert werden. Zum Ausspülen eignen sich sowohl See- als auch Süßwasser. Die Nutzung von Seewasser hat den Vorteil, dass das wertvolle Süßwasser gespart wird und zudem gründlicher gespült werden kann, da theoretisch „unendlich viel“ Salzwasser zur Verfügung steht. 🙂

Zerdrücken und zerkleinern von Abfällen an Bord spart Platz

Leere Flaschen oder Gläser mit Deckel und Plastikverpackungen können unproblematisch getrennt und normalerweise wiederverschlossen werden. Im geschlossenen Zustand entsteht keine Geruchsbildung und man kann sogar andere organische Abfälle, die unangenehm riechen, in ihnen geruchsneutral verstauen. Zudem kann man sie in der Regel klein drücken und dann wieder verschließen. Dies gilt auch für Pfandflaschen, da eine längere Seestrecke eigentlich immer mit einem Wechsel des Landes einhergeht und das Pfand somit verfällt. Es gibt folglich keinen Grund, die Flaschen in voller Größe zu erhalten, damit ein Automat sie annehmen kann.

Drei Stadien einer Plastikflasche: 1. Originalgröße – 2. zusammengedrückt – 3. klein geschnitten. ©Sönke Roever

Außerdem können die meisten Verpackungen – von Glas mal abgesehen – mit einer Schere oder Blechschere zerschnitten werden. Mit etwas Geduld lässt sich so der Abfall platzsparend zerkleinern. Bei uns an Bord haben wir den gereinigten und zerkleinerten Abfall in einem Müllsack mit Zugband gesammelt. Hierbei handelte es sich um einen einfachen Sack aus dem Handel. Er stand in der Achterkabine und war von keiner besonderen Qualität, da dies nach der Reinigung nicht mehr erforderlich war.

Abfallberge im Hafen von Las Palmas/Gran Canaria. ©Sönke Roever

Verschließbare Beutel und Behälter eignen sich gut zum Stauen von Abfall an Bord

So weit, so gut. Spannender wird es bei Abfällen, die Gerüche entwickeln und nicht gereinigt werden können. Sie erfordern eine andere Herangehensweise. Während Lebensmittelabfälle wie Gemüse- oder Fischreste über Bord geworfen werden können, ist beispielsweise für schmutzige Papiertücher oder Hygieneabfälle eine andere Lösung erforderlich. Hier helfen Gläser mit Deckel, leere Flaschen oder Druckverschlussbeutel, um den Gerüchen vorzubeugen.  Diese Beutel sind, wenn ihre Qualität hoch ist, bestens geeignet, Gerüche zu versiegeln. Es gibt sie in großen Stückmengen im Handel, deutlich preiswerter als im Supermarkt in der Zehner-Packung.

Bei uns an Bord haben wir neben Gläsern oder leeren Flaschen ergänzend solche Beutel eingesetzt. Vor dem Verschließen haben wir die überschüssige Luft aus dem Beutel gedrückt. Das geht mit etwas Fingergeschick problemlos. Wir haben sie unter der Spüle gesammelt und schlussendlich in Säcken im Ankerkasten gelagert. Meistens kam da nicht mehr als ein Beutel pro Tag zusammen, also eine überschaubare Menge. Ja, mir ist bewusst, dass diese Beutel aus Plastik sind, die Mülltrennung aufheben und dass dies nicht die ideale Lösung ist. Aber bisher kommt man kaum umhin, sie gelegentlich auf hoher See zu nutzen.

Abfall kann gut im Ankerkasten gestaut werden. ©Sönke Roever

Die Lagerung von Abfall im Ankerkasten bietet sich übrigens an, da der Ankerkasten sich am Bug befindet – weit entfernt vom gewöhnlichen Aufenthaltsort der Crew. Wer auf der Barfußroute segelt, hat zudem überwiegend den Wind von achtern und so wehen Gerüche, sofern sie überhaupt noch entstehen, gegebenenfalls hinaus auf die See.

Der Form halber sei erwähnt, dass das „Über-Bord-Werfen“ von organischen Abfällen nicht immer richtig ist – auch wenn es einem selbst anders vorkommen mag. Zumindest raten Umweltexperten davon ab, wenn es sich um Abfälle handelt, die nicht aus dem Wasser stammen. Natürlich ist es unbedenklich, die Abfälle eines filetierten Fisches über die Reling zu entsorgen (am Ankerplatz würde ich es unterlassen, wenn es dort Haie gibt und man noch baden oder schnorcheln möchte). Ein Teebeutel oder eine Bananenschale haben genau genommen in einem Ozean eigentlich nichts zu suchen, da es sich um Biomasse handelt, die diesem Lebensraum nicht entstammt. So raten es, wie gesagt, die Umweltexperten. Inwieweit das auf hoher See praktikabel ist, muss jeder selbst entscheiden.

Nach der Ankunft sollte genau untersucht werden, welche Entsorgungsmöglichkeiten es gibt

Wird schließlich der Hafen erreicht, kann der Abfall ordnungsgemäß entsorgt werden. In sehr armen Ländern kommt es immer mal wieder vor, dass sogenannte Boatboys anbieten, den Abfall gegen eine kleine Gebühr entgegenzunehmen. Insbesondere am Ankerplatz ist dies eine dankbare Offerte. Man wird den Abfall unkompliziert los und muss sich nicht weiter darum kümmern. Hierbei sollte jedoch genau hinterfragt werden, wo der Abfall tatsächlich landet. Nicht selten findet man später die eigenen Beutel an Land im Gebüsch wieder.

An manchen Ankerplätzen bieten Boatboys an, den Abfall entgegenzunehmen. ©Sönke Roever

Manche Segler halten nach der Ankunft auf einer einsamen Insel die Müllverbrennung am Strand für eine Lösung. Ich persönlich würde auch dies aus Umweltschutzgründen vermeiden wollen. Lediglich in Indonesien haben wir ein einziges Mal davon Gebrauch gemacht. In einigen Regionen des Landes werfen die Menschen den Abfall leider einfach ins Wasser und wir wollten verhindern, dass das mit unserem Plastikmüll passiert. Mit der Zeit wird Plastik zu Granulat, die Tiere halten es für Nahrung und verenden qualvoll daran.

Absolute Notlösung: Müllverbrennung am Strand. ©Sönke Roever

Plastik ist in unserer Welt leider ein sehr großer Bestandteil des Alltags geworden. Natürlich wäre es logisch, dass Segler hier mit gutem Beispiel vorangehen und beispielsweise nur noch Wasser aus Glasflaschen trinken, wenn es an Bord keinen Wassermacher gibt. In der Praxis lässt sich dies jedoch kaum realisieren. Zum einem wiegen diese Flaschen einiges mehr und zum anderen stellen die Verletzungen durch Scherben ein nicht zu verachtendes Risiko dar. Hier sollte in Abhängigkeit von den eigenen Möglichkeiten ein Kompromiss gesucht werden.

©Sönke Roever
©Sönke Roever
Weltweit ein Problem: Plastikabfälle im Wasser oder am Strand. Hier: Spanien, Australien und Kuba. ©Sönke Roever

In jedem Fall aber hat Plastik in einem Ozean absolut nichts zu suchen. Es dauert über 400 Jahre, bis das Meerwasser es zersetzt hat. Leider wird gerade dies zunehmend zu einem Problem und immer mehr Tiere werden Opfer des weltweiten Plastikkonsums. In manchen Teilen der Welt überziehen bereits große Felder aus Plastikgranulat die Oberfläche der Meere. Ich habe es mit eigenen Augen auf dem Weg zu den Azoren gesehen.

Umso weniger kann ich verstehen, wenn Segler meinen, sie könnten einfach ihren gesamten Abfall über Bord werfen – frei nach dem Motto: „Aus den Augen – aus dem Sinn“. Leider weiß ich, dass es immer wieder Crews gibt, die ihren Müll nicht trennen und mit der fadenscheinigen Begründung „Der Abfall stank so stark“ dann so handeln und einfach den ganzen Beutel über Bord werfen. Hätten sie die vorstehenden Punkte beachtet, wäre dies kein Problem gewesen. Ein wenig Nachdenken und die beschriebenen Methoden reichen völlig aus und kosten nicht viel.

Kunst auf der Kokosinsel im Indischen Ozean. Aus Treibgut gebaut. ©Sönke Roever

Fazit

Die Meere und Ozeane der Welt sind ein wertvoller Lebensraum. Für Blauwassersegler sind sie zudem ein Zuhause, wenn auch für die meisten nur vorübergehend. Und dennoch ist es ein Privileg und wir sollten das Wasser so hinterlassen, wie wir es vorgefunden haben – nämlich sauber.

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Karen
Karen
5 Monaten her

Beim Einkauf vor Abfahrt schon darauf achten, dass man Müll vermeidet z.b. Verpackung von Obst und Gemüse. Vor Abfahrt umpacken in wiederverwendbare Behälter z.b. Reis oder Nudeln und im Hafen, den man schon kennt vorher sachgerecht die Verpackungen entsorgen. Auch Wasserplastikflaschen kann man wiederverwenden z.b. gibt es im Süden oft 5-Liter Kanister, die sich dazu hervorragend eignen. An vielen Orten ist zum Glück Trinkwasser noch am Hahn erhältlich. Spart auch viel Geschleppe.
Da geht noch ein bisschen mehr!

Armin
Armin
4 Monaten her

Mülltüten im Ankerkasten können auch zum Problem werden, wenn die Tüte reisst und der Inhalt das Ablaufloch verstopft. Nimmt das Schiff Wasser über läuft der Ankerkasten voll und kann ggf auch ins Schiff lenzen.