Lüften, spülen, heizen – Umgang mit Feuchtigkeit auf Yachten

Ein Beitrag von

Sönke Roever

Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

Beim Segeln gehört Feuchtigkeit zum Bordalltag

Ein zentrales Problem auf Schiffen ist das Thema Feuchtigkeit unter Deck. Egal, wo wir uns mit unserer Yacht befinden, wir leben im Freien. Das ist wunderschön und ein Stück weit unternehmen wir das Blauwassersegeln ja auch deswegen. Es ist aber auch eine nasse Umgebung und es lässt sich nicht vermeiden, dass früher oder später auch Feuchtigkeit unter Deck landet. Beispielsweise wenn ein Mitsegler mit seinem nassen Ölzeug ins Schiffsinnere geht, um am Kartentisch einen Wegpunkt abzustecken. Und wer schließt in einer Nebelbank bei feuchter Luft oder während eines tropischen Niederschlags schon den Niedergang? Obendrauf gibt es gratis Salz! Es zieht Wasser an und bindet die Feuchtigkeit. Kurzum: Mit der Zeit wird es unter Deck feucht.

Segeln findet in einer nassen Umgebung statt. ©Sönke Roever

Dass es unter Deck feucht wird, gehört also zum Bordalltag. Dennoch soll diese Feuchtigkeit aus dem Schiff raus, um Schimmel, Gammel und Mief die Stirn zu bieten. Auf See ist das kaum möglich, aber nach dem Landfall helfen drei Dinge. Erstens: Lüften. Zweitens: Spülen — also das Salz vom Schiff abwaschen, damit es nicht länger nach innen getragen werden kann. Und drittens: Heizen.

Lüften gegen Feuchtigkeit an Bord

Die einfachste Möglichkeit, schnell große Mengen frische Luft in das Innere einer Yacht zu befördern, stellen Luken dar. Dabei gibt es zwei Wege, selbige zu montieren. Entweder mit der Öffnung zum Bug oder aber mit der Öffnung zum Heck ausgerichtet.

Erfahrungsgemäß liegt das Schiff die meiste Zeit im Hafen oder am Ankerplatz mit dem Bug im Wind. Da wäre es sinnvoll, die Luken nach vorn zu öffnen. Frische Luft wird auf diesem Wege in das Schiff und durch den Niedergang wieder nach draußen geblasen. Auf ihrem Weg durch den Salon kann die angenehme Brise diverse Wassermoleküle Huckepack nehmen. Einziger Haken: Setzt Regen ein, wird das eine Milchmädchen-Rechnung, da dann anstatt der trocknen Luft der nasse Regen mit dem Wind durch die offene Luke ins Schiff gelangt. Folglich wäre es gut, die Luke umzudrehen. Dann regnet es zwar nicht mehr hinein, aber es weht auch kaum noch ein Lüftchen durchs Boot. Jede Variante hat Vor- und Nachteile. Ein Mix aus beidem — sofern platzmäßig möglich — ist die beste Lösung.

Über Luken gelangt frische Luft in das Schiff. ©Sönke Roever

Im Fachhandel gibt es auch sogenannte Windfänger. Sie werden über der Luke aufgespannt und leiten den Wind in das Schiff unabhängig von der Öffnungsrichtung der Luke. Das klingt vorteilhaft und es ist auch kein schlechtes System. Allerdings müssen die Windfänger bei zu viel Wind abgebaut werden. In windschwachen tropischen Gegenden sind sie in jedem Fall aber ein Segen.

Diese Yacht nutzt in Panama am Ankerplatz einen Windfänger. ©Sönke Roever

Manche Eigner schwören auf Dorade-Lüfter, die ein wenig aus der Mode gekommen und vornehmlich bei älteren Yachten zu finden sind. Meine persönliche Begeisterung dafür hält sich in Grenzen. Auf nicht wenigen Schiffen, die wir segelten, leckten die Dorade-Lüfter bei schwerer See.

Gitter an der Unterseite der Kojenpolster ermöglichen den Abtransport von Schwitzwasser. ©Sönke Roever

Nicht zu verachten ist, dass es für Polster und Bootsmatratzen spezielle Lüftungsgitter als Unterlage gibt (Fachbegriff Abstandsgewirk), die einen Abtransport des im Schlaf abgegebenen Schwitzwassers ermöglichen. Sie sind in meinen Augen eine absolut sinnvolle Investition. Alternativ können auch Lattenroste eingesetzt werden. In jedem Fall kann so die Luft unter dem Polster zirkulieren.

Spülen gegen Salz an Bord

Neben dem Lüften sollte dafür gesorgt werden, dass nicht ständig neues Salz ins Schiffsinnere gelangt. Auf einer Ozeanüberquerung ist das nur schwer möglich — nach dem Landfall hingegen schon. Wir können uns noch gut erinnern, wie wir nach jedem längeren Schlag im Hafen erst einmal das Schiff entsalzt haben. Konkret bedeutet das, den Gartenschlauch zu nehmen und mit Süßwasser das ganze Schiff abzuwaschen. Meist haben wir zudem noch das Ölzeug und andere salzige Dinge in eine Kiste mit Süßwasser getaucht und gesäubert. Das ist zwar eine lästige Arbeit, aber es lohnt sich.

Nach dem Landfall wird das Schiff entsalzt. ©Sönke Roever
Hier werden zusätzlich die Cockpit-Sitzkissen und das Ölzeug entsalzt. ©Sönke Roever

Heizen gegen Feuchtigkeit an Bord

Eine interessante Ergänzung an Bord kann eine Diesel-Heizung sein. Sie verbreitet für gewöhnlich warme Luft. Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Auf einem Törn in die hohen Breiten verbinden wir so an einem windig-kalten Ankerplatz das Angenehme mit dem Nützlichen: Wir heizen das Schiff, uns wird nach einem langen, womöglich kalten Tag auf See in der Kajüte mollig warm und ganz nebenbei wird die Feuchtigkeit aus dem Boot getragen.

Tipp: Mobile Gasheizungen nützen diesbezüglich wenig, da Gas beim Verbrennen Feuchtigkeit erzeugt.

Salzkristalle nach der Atlantiküberquerung am Gestänge vom Bimini. ©Sönke Roever

In den ohnehin schon feucht-warmen Tropen hingegen ist eine Heizung nur bedingt von Nutzen. Um ein Schiff zu entfeuchten, muss trockene warme Luft in das Schiffsinnere gebracht werden. Das kann eine Heizung in den Tropen nicht leisten, weil die Luft, die sie ansaugt, bereits warm und feucht ist. Hier würde lediglich eine Luftumverteilung stattfinden, was aber ja auch von Nutzen sein kann, wenn die Temperatur niedrig gehalten werden soll. Dann funktioniert die Heizung wie ein Lüfter.

Noch besser wäre der Einsatz einer Klimaanlage. Sie liefert trockene, kühle Luft, die beim Erwärmen dann zusätzliche Feuchtigkeit aufnehmen kann. Einige Male sind wir als Skipper auf Charteryachten in der Karibik gefahren, und einmal war auch eine Klimaanlage im Schiff eingebaut. Seither halten wir das air-conditioning für wenig zweckmäßig. Gleichwohl es grundsätzlich funktioniert hat und auch zügig die Feuchtigkeit aus dem Schiff getragen wurde — wer kennt nicht die typische trockene Klimaanlagen-Luft? Außerdem waren die Geräte ziemlich laut und arbeiteten nur, wenn wir in der Marina lagen und am Landstrom hingen. Und wehe ein Mitsegler vergaß, eine Luke zu schließen, dann war der ganze Vorgang für die Katz.

Klimaanlagen sind auf Langfahrtyachten nur selten zu finden. ©Sönke Roever

Man sollte sich an dieser Stelle nicht ins Bockshorn jagen lassen, weil man vielleicht von Urlaubsreisen in tropische Regionen das Gefühl kennt, bei Verlassen des Flughafens gegen eine feucht-warme Wand zu laufen. Es ist ja so, dass die meisten Eigner mit ihrem Schiff in Eigenregie anreisen. Somit werden sie schleichend an das neue Klima herangeführt. Wir haben unterwegs keine Crew getroffen, die mit der tropischen Hitze Probleme hatte. Vielmehr lieben die meisten das Wetter, weil Gelenke nicht mehr schmerzen, Erkältungen nicht mehr nerven und Rückenschmerzen ein Fremdwort sind. Wozu also in diesem Universum der Unbeschwertheit eine energiefressende Klimaanlage anwerfen? Bedeutet es doch auch, sich dann unter Deck zu verschanzen.

Fazit

Schlussendlich ist es keine große Herausforderung, der Feuchtigkeit im Schiff die Stirn zu bieten und Schimmel und Gammel zu vermeiden. Auf unserem Schiff haben wir die Luken mit Öffnung zum Bug angebaut, gelegentlich einen Windfänger genutzt und regelmäßig das Schiff gespült. Die Polster haben allesamt Lüftungsgitter. Eine Diesel-Heizung haben wir nicht. Wir haben allerdings hin und wieder einen elektrischen Lüfter eingesetzt. Damit sind wir gut einmal um die Welt gesegelt.

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