UKW-Seefunk auf Langfahrtyachten

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Sönke hat 80.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

UKW-Seefunk in der Blauwasserszene

Heutzutage segelt kaum noch ein Sportboot ohne UKW-Seefunkgerät. Egal, ob sich bei einer Marina angemeldet, eine Brückenöffnung erbeten, eine Seewettervorhersage mitgehört oder mit einem anderen Schiff in der Nähe gesprochen wird — fast immer nutzen Blauwassersegler dazu ihr UKW-Seefunkgerät. In der Karibik kann sogar der Tisch im Restaurant auf diesem Wege reserviert werden. Und spätestens auf einer Weltumsegelung wird das UKW-Seefunkgerät bei der Einreise in ein fremdes Land zum unverzichtbaren Ausrüstungsgegenstand. Andernfalls wird es schwierig, mit den Behörden Kontakt aufzunehmen, um sich anzumelden..

Für Blauwassersegler ist das UKW-Seefunkgerät ein unverzichtbarer Ausrüstungsgegenstand.

Aber auch sonst erfreut sich der Funkverkehr über UKW, der im Ausland als VHF bezeichnet wird, bei Blauwasserseglern großer Beliebtheit. Kein Wunder. Das Verfahren ist äußerst praktisch, und für die Teilnahme an der Kommunikation ist nicht viel erforderlich. Neben Gerät und Antenne braucht ein Crewmitglied an Bord ein Short Range Certificate (SRC), das in einem Wochenendkurs erworben werden kann. Zudem müssen bei der Bundesnetzagentur ein Rufzeichen und eine MMSI beantragt werden. MMSI steht für Maritime Mobile Service Identity und ist eine weltweit eindeutige Nummer, die jeder Seefunkstelle zugeordnet ist. Liegt alles vor, kann mit dem Funken begonnen werden.

UKW-Seefunkanlage auf einer Blauwasseryacht.

Achtung: Der Form halber sei darauf hingewiesen, dass es Reviere geben kann, die als Binnenrevier gelten. Dazu zählt beispielsweise auch das holländische Ijsselmeer. Hier werden eine ATIS-Kennung und ein UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk (UBI) benötigt. Für die meisten Langfahrer spielt dies jedoch keine Rolle.

Bei so manchem Blauwassersegler ist das Funkgerät den ganzen Tag eingeschaltet, um am Ankerplatz keine News zu verpassen. Schließlich kann jeder mithören, wenn zwei andere Segler miteinander sprechen. Sei es, dass ein Segler Ärger mit der Einspritzpumpe hat und fragt, ob jemand helfen kann, oder dass zwei Segler zum Sundowner in ihr Cockpit einladen. Die Blauwasserwelt ist klein, und meistens kennt man sich. Und wie im echten Leben wird insbesondere auf der viel befahrenen Barfußroute gern mal der neueste Klatsch und Tratsch über UKW verbreitet. Daher wird der UKW-Funk umgangssprachlich auch als Kokosnuss-Radio bezeichnet. Dies bezieht sich in der Regel auf Ankerplatz und Hafen.

Auf hoher See kann das UKW-Seefunkgerät eine Kurzwellenfunkanlage nicht ersetzen wenn es um die Kommunikation über lange Strecken geht, dafür ist die Reichweite in der Regel zu gering. Über den groben Daumen gepeilt, liegt sie bei maximal 30 Seemeilen (eher weniger). Funknetze mit verschiedenen Yachten werden auf hoher See ausschließlich über Kurzwellenfunk abgehalten, da sie oft über mehrere hundert Seemeilen Distanz reichen. Für die Kommunikation mit einem Schiff in der Nähe ist die UKW-Anlage allerdings unabdingbar.

Auf der Barfußroute wird der neueste Klatsch und Tratsch oftmals über UKW-Seefunk ausgetauscht.

Digital Selective Calling

Wer das nicht mag, kann natürlich auch einen verdeckten Gesprächsaufbau über Digital Selective Calling (DSC) starten, damit die anderen Schiffe nicht mitbekommen, was besprochen wird. DSC-Anrufe spielen in der Blauwasserszene bisher allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Zum einen muss man die MMSI des anderen kennen. Zum anderen wissen viele Segler nicht, wie ein DSC-Anruf technisch geht, obwohl es relativ einfach ist.

Auf DSC-fähigen Anlagen können digitale Notrufe mit Positionsangabe und Problembeschreibung gesendet werden.

Auf Blauwasserschiffen (und idealerweise auf allen anderen Schiffen auch) sollten dennoch nur DSC-fähige UKW-Seefunkanlagen eingesetzt werden, da sie automatisch UKW-Kanal 70 abhören. Über diesen kann ein digitaler Notruf mit Positionsangaben empfangen oder abgesetzt werden (Distress-Call). Durch Drücken der Distress-Taste am Gerät wird so mit nur einem Knopfdruck die Position übertragen und Schiffe können gegebenenfalls zu Hilfe eilen. Dafür müssen Funkgerät und GPS gekoppelt werden.

Tipp: Rufzeichen und MMSI gut sichtbar am Gerät anbringen, damit sie im Notfall gleich parat sind.

UKW-Seefunk im Seenotfall

Inwieweit so ein Notruf von Erfolg gekrönt ist, hängt stark vom eigenen Standort ab, da die Reichweite beim UKW-Funk – wie weiter oben erwähnt – in der Regel maximal 30 Seemeilen beträgt (eher weniger). Wird ein Distress-Call an der Küste abgesetzt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass eine andere Seefunkstelle den Notruf aufgreift. Mitten auf dem Ozean ist es eher unwahrscheinlich, dass sich ein anderes Fahrzeug in Reichweite befindet. Dennoch sollte diese Notruf-Möglichkeit immer versucht werden. Idealerweise zusätzlich auch per Sprache über Kanal 16.

Hubschrauber haben UKW-Seefunk an Bord. Die Bergung einer Person kann so abgestimmt werden.

Werden Rettungsmaßnahmen eingeleitet (über welchen Kommunikationsweg auch immer) ist das UKW-Seefunkgerät spätestens bei der Kommunikation vor Ort ein unverzichtbarer Gegenstand. Sei es um mit einem Seenotkreuzer zu sprechen oder aber die Bergung von Personen durch einen Hubschrauber zu koordinieren.

Seenotkreuzer der DGzRS. Im Notfall wird über UKW-Seefunk die Bergung koordiniert.

Wichtiger Installationshinweis

UKW-Seefunkanlagen auf Blauwasserschiffen sollten grundsätzlich so installiert werden, dass sie im Notfall und unabhängig funktionieren. Im Idealfall hat die Anlage eine eigene Stromversorgung mit eigener Sicherung und eigenem Batterieschalter losgelöst von anderen Verbrauchern an Bord. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass eine wasserfeste Anlage verbaut wird.

Für den Ernstfall gut gerüstet: Diese Anlage ist wasserfest und mit dem GPS vernetzt (Position im Display unten links).

Handfunke als Ergänzung

Darüber hinaus ist es sinnvoll, neben der fest eingebauten UKW-Seefunkanlage ein Handfunkgerät an Bord zu haben. So müssen am Ankerplatz bei einer Mehr-Personen-Crew nicht immer alle gemeinsam an Land fahren. Landgänger können stattdessen mit dem Schlauchboot abgesetzt werden und bei Bedarf per Funk mit dem Schiff sprechen, um die Rückfahrt zu organisieren. Hintergrund ist ein ungeschriebenes Blauwassergesetz: Teilt sich die Crew auf, sodass ein Teil an Land und ein Teil an Bord ist, verbleibt das Beiboot immer beim Schiff. Nur so kann die restliche Crew im Notfall schnell an Land gelangen — etwa bei einer Verletzung.

Für Blauwassersegler eine wertvolle Hilfe am Ankerplatz: das Handfunkgerät.

Ist die Handfunke obendrein noch wasserfest, gibt es bei Schlauchbootfahrten mit überkommendem Wasser keinen Stress. Natürlich kann man sich auch über Handy abstimmen, das kostet in der Regel aber Geld. Und so kommt es, dass man beim Landgang nicht selten andere Blauwassersegler an der Handfunke am Hosenbund erkennt (kein Scherz).

Fazit

Ein UKW-Seefunkgerät sollte auf keiner Blauwasseryacht fehlen, dafür wird es einfach zu oft benutzt. Ein wasserfestes Handfunkgerät ist eine ideale Ergänzung.

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Michael Markstaller
Michael Markstaller
5 Jahren her

Eine Anmerkung: Ich würde direkt vor das VHF eine Diode(=nachladen, nie entladen) und dahinter einen eigenen, kleinen Akku oberhalb der Wasserlinie und außerhalb des Maschinenraums klemmen.
Fürn Notfall ist natürlich eine “Handgurke” – die jedoch immer geladen sein sollte(!) genauso gut..

Grüsse Michael

Andreas Müller
Andreas Müller
5 Jahren her

Kleine Anmerkung:

Wenn ein Funkgerät sich an Bord befindet genügt es nicht, dass ein Crewmitglied ein SRC besitzt , sondern der Skipper muss es besitzten.
Grüsse Andreas

Dirk Rottmar
Dirk Rottmar
5 Jahren her
Reply to  Sönke Roever

In der Tat wurde mir das so beim SRC-Kurs auch so beigebracht.
Der Skipper braucht den Schein.

Michael Markstaller
Michael Markstaller
5 Jahren her
Reply to  Dirk Rottmar

In DE ist das m.W so, richtig, der Skipper braucht das SRC – ausserhalb ist das aber herzlich egal, die Funkdisziplin ist schon 500km weiter südlich sowas von unter aller Sa*, das man sich manchmal wünscht, das die Skipper ungenannter Staaten süd-westlich von AT wenigstens 2-3 essentielle Regeln kennen würden.

Ich mache bei jeder Schiffs- und Sicherheitseinweisung *alle* Crewmitglieder (Basics) damit vertraut, wie man im Notfall einen Notruf per VHF absetzt (auch mit einlaminierten, mitgebrachten Tafeln am Gerät auf der Charteryacht..)
Denn was hilft es wenn der Skipper abwesend oder anderweitig ungeplant nicht an Bord ist..

Norbert Pierick
Norbert Pierick
5 Jahren her

Moin, danke für den informativen Artikel. Meines Wissens zählt das Fahrgebiet “Ijsselmeer” in den Niederlanden nicht! zu den Binnenrevieren. Es werden der Sportbootführerschein See und auch dort bei eingebautem VHF Gerät vom Skipper der SRC Schein verlangt.
Beste Grüsse
Norbert Pierick

Ignatios Souvatzis
Ignatios Souvatzis
5 Jahren her

Jein. IJsselmeer (nicht: Ijsselmeer) zählt in den Niederlanden FS-mäßig zwar zu den Buitenrevieren, was die deutschen Führerscheine angeht. Zum Ausgleich zählen IJsselmeer wie Waddenzee in den Niederlanden funkmäßig schon zu den Binnenrevieren (also ATIS-Pflicht etc.). Es gilt im IJsselmeer: * Kanal 10 abhören (Verkehrskreis Schiff-Schiff) * Kurzzeitiges abhören des Verkehrskreises nautische Information erlaubt, z.B. im IJsselmeer die Wetterberichte des Centrale Meldpost IJsselmeergebiet in Lelystad auf Kanal 1 * Die Kustwacht kann im Notfall auf Kanal 16 erreicht werden. In der Waddenzee sind Seefunkgeraete toleriert, zu beachten sind die Blockkanäle, z.B. 2 (Brandaris) im westlichen Teil. Details bitte selbst nachschlagen im… Mehr lesen »

Rudi Roth
Rudi Roth
5 Jahren her

Empfehle eine Handfunke und ein HandGPS z.B. im Backofen zu lagern, insbesondere bei Gewitter, Faraday Käfig.

Ignatios Souvatzis
Ignatios Souvatzis
5 Jahren her
Reply to  Rudi Roth

… aber zum Kuchenbacken wieder ‘rausnehmen 😉

A.H.
A.H.
5 Jahren her
Reply to  Rudi Roth

Auf die Idee bin ich noch nicht gekommen! Danke für den Tip. Klingt schlüssig und sinnvoll. Handbreit

Mark
Mark
1 Jahr her

Wie konnte denn die Titanic einen Notruf erfolgreich absetzen, wenn die Reichweite von Funk auf See nur 30 Seemeilen beträgt? Da waren sicherliech keine Schiffe in dem Radius in der Nähe.