Gennaker mit integrierter Rollvorrichtung (IFS) setzen/bergen

Ein Beitrag von

Marco Haase

Marco Haase segelt seit seiner Kindheit. Er ist Trimmexperte und auf der Regattabahn genauso zu Hause wie im Mittelmeer oder Ostseeraum als Fahrtensegler. Zudem ist er Segelmacher und Inhaber von OneSails Deutschland/Haase Segel GmbH. OneSails ist ein weltweit vernetzter Verbund von Segelmachern und liefert leistungsorientierte Fahrten- und Regattasegel.

Ein Gennaker ist mehr als nur ein Leichtwindsegel

Mit einem Gennaker, früher manchmal auch Blister genanntes Leichtwindsegel, zu segeln macht nicht nur Spaß, es sieht auch gut aus! Die großen Blasen aus oft buntem Nylon-Gewebe sind nicht nur ein echter Hingucker, sie ermöglichen es auch dann noch zu segeln, wenn für eine im Verhältnis schwerere Genua der Winddruck schon längst nicht mehr ausreichen würde, um vernünftig zu stehen. Ein Gennaker ist aber weit mehr als nur ein Leichtwindsegel. Das robuste, gut dehnbare Nylontuch verträgt durchaus bis zu 25 Knoten Wind.

Gennaker-Rauschefahrt mit Spaß! ©ITACATAMARANS/OneSails

Das leichte, dreieckige Vorsegel schließt die Lücke in der Segelgarderobe zwischen Genua und Spinnaker (daher auch der Name „Gennaker“). Im Gegensatz zum Spinnaker ist es asymmetrisch geschnitten, muss nicht ausgebaumt werden und kann neben raumen Kursen auch auf Halbwindkursen gesegelt werden. Konkret bedeutet dies: Der Gennaker kann gut auf Kursen zwischen 90 und 160 Grad zum Wind eingesetzt werden. Im Vergleich zum Code Zero ist ein Gennaker wesentlich bauchiger und funktioniert daher besser auf raumeren Kursen.

Ein Gennaker ist an der bauchigen Form erkennbar. ©OneSails

Bei modernen Yachten gehört das modulare Segeln mit Groß, Fock und zusätzlichen Segeln für besondere Anforderungen mittlerweile zum Programm. Im Gegensatz zu klassischen Yachten ersetzt eine kleinere Fock die große Genua. Wenn diese in Abhängigkeit von Kurs und Wind nicht mehr ausreicht, kommen andere Segel, wie beispielsweise auch der Gennaker zum Einsatz.

Moderne Yachten werden mit einem eher kleinen Vorsegel ausgestattet. ©Blue Yachting

Einen Gennaker zu setzen und zu bergen, kann bei kleiner Crew zur Herausforderung werden

Gennaker werden nicht am Vorstag angeschlagen, sondern fliegend gefahren. Das rund geformte Vorliek des Gennakers muss vor dem Vorstag Platz haben. Folglich müssen Gennaker für den Gebrauch extra installiert werden. Dazu wird die vordere untere Ecke, der sogenannte Hals des Segels, am Bugbeschlag oder, falls vorhanden, einem Gennakerbaum angeschlagen. Oft wird zum Trimmen noch eine Talje dazwischengesetzt. Der Kopf des Segels wird an einem Spinnakerfall hochgezogen und die Schoten, wie bei anderen Vorsegeln auch, an der hinteren Ecke des Segels, dem Schothorn, befestigt. Aufgrund der Größe des Segels werden die Schoten nicht durch Blöcke von Fock und Genua, sondern über einen Block am Heck der Yacht zur Winsch ins Cockpit geführt.

Gennaker werden fliegend vor dem Vorstag gesetzt. ©Diamond Yachts/C. Schneider

Einen Gennaker kontrolliert zu setzen, erfordert demzufolge mehr Aufwand als beispielsweise das Setzen einer Fock. Vor allem aber ist eine gute Vorbereitung der Leinen wichtig, bevor sich das mächtige Segel entfaltet. Die eigentliche Herausforderung liegt aber im Bergen eines Gennakers. Frischt der Wind soweit auf, dass er den Gennaker und die Yacht an ihre Belastungsgrenze bringt, muss Druck aus dem Segel genommen und die große Blase irgendwie gebändigt und zurück in den Segelsack gebracht werden. Zwar ist ein Gennaker einfacher zu beherrschen als ein Spinnaker, aber für kleine Crews und Einhandsegler ist es dennoch oft nicht leicht, einen Gennaker zu bergen. Viele Gennaker fristen daher ein tristes Dasein auf Yachten, werden nur selten genutzt oder bleiben gar dauerhaft unter Deck.

Nimmt der Wind zu, wird es ohne Hilfsmittel sportlich, einen Gennaker zu bergen. ©Sönke Roever

Um das Setzen und Bergen des Gennakers zu vereinfachen, haben die Segelhersteller daher verschiedene Methoden entwickelt. Weit verbreitet ist der sogenannte Bergeschlauch. Dabei wird zum Bergen des Gennakers ein Trichter mit einer Röhre aus Tuch über das Segel gezogen. Zurück bleibt das Segel in der Röhre, das dann verhältnismäßig einfach am Fall herabgelassen, geborgen und verstaut werden kann.

Der Nachteil des Bergeschlauchs: Besonders bei größeren Yachten mit folglich größeren Gennakern kann das Ziehen des Bergeschlauchs über das Segel zum Kraftakt werden. Besonders das Anfangsmoment, wenn der Bergeschlauch über den Kopf des Segels gezogen werden muss, erfordert bei Wind im Segel einiges an Kraft. Muss dann durch Fieren der Schoten Druck aus dem Gennaker genommen werden, beginnt das Riesensegel gefährlich und materialschädigend zu schlagen.

Tipp: Lässt sich der Bergeschlauch nicht über den Gennaker ziehen, kann das gesetzte Groß zwischen den Gennaker und den Wind gestellt werden, das nimmt etwas Druck aus dem Segel.

Weitere Nachteile dieser Bergemethode sind das zusätzliche Gewicht und der Platzbedarf für den Bergeschlauch und Trichter. Gerade der Trichter ist oft so sperrig, dass er sich nicht auf allen Yachten gut verstauen lässt.

Ein Bergeschlauch wird über den Gennaker gezogen und vereinfacht so das Bergen und Setzen. ©Sönke Roever

Deutlich einfacher wäre es, den Gennaker wie eine Genua aufzurollen. Bei anderen Leichtwindsegeln, wie beispielsweise dem Code Zero, kommen daher Rollsysteme mit Antitorsionskabeln zum Einsatz. Das Segel wird aufgerollt auf dem Antitorsionskabel mit der Rollanlage, fliegend gesetzt und kann dann einfach vom Cockpit aus ein- und ausgerollt werden. Der Nachteil: Antitorsionskabel sind nicht nur schwer, sondern auch kostspielig. Außerdem sind sie zu steif, um das für einen Gennaker wichtige runde Vorliek zu ermöglichen.

Die Firma Onesails hat daher einen Gennaker entwickelt, der ohne Antitorsionskabel oder Bergeschlauch auskommt und stattdessen auf einer Rollanlage gefahren wird. Eine Lösung, die einfach zu bedienen und leicht zu packen ist.

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Ein Gennaker mit Integrated Furling Structure kann ohne Antitorsionskabel aufgerollt werden

Der Gennaker mit Integrated Furling Structure (IFS) besitzt anstelle des Antitorsionskabels eine dünne Leine aus Dynema-Tauwerk im Vorliek, die als Entlastung und Ausreißschutz dient. Das eigentliche Furling-System sitzt im vorderen Bereich des Segels und besteht aus einem speziellen Laminat, in dem fächerförmig und in Bögen Glasfasern aus Carbon oder Dynema eingeklebt sind. Dieser Bereich gibt dem Gennaker die erforderliche Stabilität, um das Segel ohne Antitorsionskabel gleichmäßig aus- und einrollen zu können. Gleichzeitig ist der Gennaker dadurch nicht nur wesentlich leichter, sondern auch deutlich weicher als eine Konstruktion mit einem eher unflexiblen Antitorsionskabel. Das erlaubt, den Gennaker nicht nur leichter zu bedienen, sondern auch einfacher zu packen.

Die Integrated Furling Structure besteht aus dünnen Carbon- oder Dyneemafasern, die auf den vorderen Bereich des Gennakers geklebt werden. ©Onesails

Am oberen Ende des Gennakers ist ein Wirbel mit Kugellager angebracht und am unteren Ende eine Trommel mit Endlosleine zum Aus- und Einrollen. Der Gennaker muss nur an Bugbeschlag, Spinnakerfall und den Schoten angeschlagen und hochgezogen werden. Danach kann er unkompliziert aus- und eingerollt werden.

So gesehen, lässt sich ein Gennaker mit IFS auch auf Yachten mit Einhandseglern problemlos setzen, bergen und bedienen. Wer es noch einfacher mag: Die Rollvorrichtung gibt es auch mit Elektromotor. Dann kann der Gennaker per Fernbedienung aus dem Cockpit aus- und eingerollt werden.

Ein Gennaker mit Integrated Furling Structure wird mit einer Endlosleine auf einer Trommel aus- und eingerollt. ©OneSails

Hinweis: Bei topgetakelten Yachten setzt die Rollreffanlage für das klassische Vorsegel am Masttop an. Damit sich die Rollanlage des Gennakers und die Rollreffanlage des Vorsegels nicht räumlich behindern, kann es erforderlich sein, den Mast mit einem Galgen oder veränderten Topbeschlag so zu modifizieren, dass der Fallaustritt für den Gennaker weiter vorne liegt, damit ein ausreichender Abstand zur Rollreffanlage des Vorsegels entsteht. Der Rigghersteller Seldén bietet hierfür beispielsweise einen speziellen Beschlag zum Nachrüsten an.

Setzen eines Gennakers mit Integrated Furling Structure

Der Gennaker mit IFS wird in einer speziellen, länglichen Tasche mit Reißverschluss aufbewahrt, die problemlos durch Luken und Backskistendeckel passt. Mit der Tasche lässt sich der Gennaker effizient zum Setzen vorbereiten. Die Tasche wird dazu mit Laschen am Bugkorb befestigt.

Der Gennaker beansprucht in der speziellen Packtasche nur wenig Stauraum. ©OneSails

Vorausgesetzt, die Tasche wurde zuvor richtig gepackt, kann nun aus der Tasche heraus der Hals des Gennakers mit der integrierten Trommel der Rollanlage am Bugbeschlag befestigt werden. Der Kopf des Segels wird am Spinnakerfall angeschlagen.

Die drei Befestigungspunkte des Gennakers können schon in der Tasche angeschlagen werden. ©OneSails

Die Schoten des Gennakers mit IFS werden mittels einer dauerhaft am Segel angeschlagenen Schothornleine verbunden und über Deck Richtung Cockpit auf die Winsch geführt.

Die Schothornleine vereinfacht das Anbringen und Lösen der Schoten. ©OneSails

Im nächsten Schritt wird die Endlosrolleine an der Rolltrommel befestigt. Dann kann das aufgerollte Segel mit dem Spinnakerfall hochgezogen werden. Zum Ausrollen muss das Fall voll durchgesetzt werden. Ein Klettverschluss hindert das Segel am unkontrollierten Ausrollen. Mit einem leichten Ruck wird der Klettverschluss gelöst und nach dem ersten Stück rollt das restliche Segel von alleine aus.

Ein Gennaker mit IFS kann unkompliziert ausgerollt werden. ©OneSails

Bei einer Windstärke von bis zu 10 Knoten kann die Schot bei einem wahren Windwinkel (TWD) von 90 Grad ausgerollt werden. Bei höheren Windstärken wird dringend ein wahrer Windwinkel von mehr als 120 Grad empfohlen.

Trimmen eines Gennakers mit Integrated Furling Structure

Nach dem Setzen muss das Spinnakerfall generell wieder etwas gelöst werden, damit das Segel sein Profil bekommt.

Ein strafferes Vorliek ist auch günstiger bei leichten Winden. ©OneSails

Außerdem gilt: Je vorlicher der Wind einfällt, desto straffer wird das Fall gefahren. Gleiches gilt hinsichtlich der Windstärke. Bei wenig Wind straff, bei viel Wind lose.

Wird das Spinnakerfall gelöst, beginnt der Gennaker stärker zu „fliegen“ und ragt weiter nach vorne. ©OneSails

Bergen eines Gennakers mit Integrated Furling Structure

Auch wenn das Bergen eines Gennakers mit IFS verhältnismäßig einfach ist, muss es sorgsam durchgeführt werden. Ein schlecht eingerollter Gennaker kann beim nächsten Gebrauch gar nicht oder unkontrolliert ausrollen.

Bevor mit dem Einrollen begonnen werden kann, muss das Spinnakerfall erst wieder durchgesetzt werden, um die Glasfasern im Segel optimal auszurichten. Tiefe Kurse von 150 bis 175 Grad wahrem Windwinkel (TWD) machen das Einrollen einfacher.

Das Schothorn wird mit dem Klettverschluss befestigt. ©OneSails

Mit leichtem Gegenzug an der Schot kann der Gennaker mit der Endlosleine an der Trommel in sich aufgerollt werden. Wenn der Klettverschluss am Schothorn das Segel fixiert, ist das Segel fertig eingerollt und kann nicht mehr abrollen. Übrigens ist es in Ordnung, wenn die Schothornleine ein paar Mal um das Segel läuft.

Gut vorbereitet für den nächsten Segelspaß mit dem Gennaker! ©OneSails

Abschließend kann der Gennaker auf der Luvseite in die Tasche herabgelassen werden. Am besten funktioniert das langsam und in Schlaufen. Die drei Ecken des Gennakers sollten so in die Tasche gepackt werden, dass sie für den nächsten Einsatz leicht zugänglich sind.

Der Kettenstek hilft beim Stauen der Endlosleine. ©OneSails

Tipp: Die Endlosleine mit einer Schlaufenkette (Kettenstek) stauen. Dann kann sie sich nur schwer verheddern und ist beim nächsten Mal mit nur einem kurzen Ruck gelöst und einsatzklar.

Hundert Prozent Spaß unter vollen Segeln! ©Spirit Yachts/Waterline Media

Fazit

Gennakersegeln macht nicht nur Spaß, sondern ist oftmals auch bei leichten Winden eine der wenigen Möglichkeiten, überhaupt noch segeln zu können. Viele Crews scheuen jedoch den Arbeitsaufwand beim Setzen und Bergen dieses mitunter recht großen Segels. Genau hier setzt ein Gennaker mit Integrated Furling Structure (IFS) an. Das IFS erleichtert die Bedienung und macht das Segeln mit dem Gennaker selbst für kleine Crews und Einhandsegler ohne Stress beim Setzen und Bergen möglich.

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OneSails

OneSails fertigt durchdachte, leistungsstarke und langlebige Blauwassersegel für Yachten. Im weltweiten OneSails Service Netzwerk ist immer ein Segelmacher in der Nähe zu finden.
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Roland Miny
Roland Miny
7 Monaten her

Seht gute Beschreibung,top

Ekkehart Padberg
Ekkehart Padberg
7 Monaten her

Ich habe eine IFS-Gennaker und Code Zero. Meiner Frau und mir hat das einfache Handling die Freude am Downwind Segel deutlich erhöht.

Helmut
Helmut
7 Monaten her

Was in dem Artikel fehlt: Neben dem Bergeschlauch gibt es auch für Gennaker Top-Down Rollsysteme mit Antitorsionskabeln. Das Antitorsionskabel ist im ausgerollten Zustand völlig frei vom Segel und stört in keiner Weise das Profil..
Wir machen seit Jahren sehr gute Erfahrungen mit dieser Anlage.

Tobias Glawe
Tobias Glawe
7 Monaten her
Reply to  Helmut

moin helmut
hier ist der vorteil das du zb. kein 2/1 fall benötigst das packmaß ist deutlich geringer und das segel ist deutlich leichter
Mit freundlichen Grüßen