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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.
Epoxidharz ist das Material der Wahl für Yachtreparaturen
Das Grundmaterial für viele Anwendungen im modernen Bootsbau wie Laminieren, Kleben oder Spachteln ist Epoxidharz (umgangssprachlich Epoxy). Es ist bei richtiger Verarbeitung sehr stabil und langlebig. Produkte der Marke WEST SYSTEM werden besonders häufig für Epoxidharzarbeiten eingesetzt. Grund genug, die einzelnen Komponenten und Zusätze näher zu betrachten und vorzustellen.
Epoxidharz
Epoxidharz ist ein Kunstharz, das aus zwei Komponenten besteht. Das sogenannte Reaktionsharz fängt erst an zu reagieren, also auszuhärten, wenn es mit einem speziellen Härter im richtigen Verhältnis gemischt wird.
Das Harz: WEST SYSTEM 105 – Epoxy Resin
Der Hauptanteil von Epoxidharz ist das Harz, es ist die Basis für alle Mischungen. WEST SYSTEM 105 Epoxy Resin ist ein klares, flüssiges Epoxidharz mit niedriger Viskosität.
Durch das Einmischen des Härters wird das Epoxidharz 105 aktiviert und fängt an auszuhärten. Damit beginnt auch ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ist das Epoxy einmal im Topf ausgehärtet, lässt es sich nicht weiterverarbeiten. Darum wird die Zeit, in der das angemischte Epoxidharz verarbeitet werden kann, auch Topfzeit genannt. WEST SYSTEM bietet vier verschiedene Härter an, die das Harz je nach Anwendung langsamer oder schneller aushärten lassen. Die Topfzeit liegt bei diesen Härtern zwischen 15 bis 70 Minuten (anhängig vom Härter und der Temperatur/hier bezogen auf 25 Grad Celsius).
Zu beachten ist auch, dass Epoxy und Härter mit steigender Temperatur schneller reagieren. Das heißt, in einer warmen Umgebung, wie beispielsweise am Mittelmeer oder in den Tropen, verkürzt sich die Topfzeit drastisch. Sobald die Umgebungstemperatur höher als zwanzig Grad ist, sind folglich nur noch langsame Härter von Nutzen. Diese funktionieren übrigens auch bei niedrigen Temperaturen, dann verlängert sich dementsprechend die Topfzeit.
Vorausgesetzt alles ist griffbereit und das Vorhaben ist in kurzer Zeit zu meistern, kann auch bei höheren Temperaturen ein schneller Härter genommen werden, um den Härtevorgang zu beschleunigen.
Der schnelle Härter: WEST SYSTEM 205 – Fast Hardener
Dieser Härter hat bei einer Temperatur von 25 Grad eine Topfzeit von 10 bis 15 Minuten und härtet in fünf bis sieben Stunden aus.
Der langsame Härter: WEST SYSTEM 206 – Slow Hardener
Dieser Härter hat bei einer Temperatur von 25 Grad eine Topfzeit von 25 bis 30 Minuten und härtet in neun bis zwölf Stunden aus.
Der extra langsame Härter: WEST SYSTEM 209 – Extra Slow Hardener
Dieser Härter hat bei einer Temperatur von 25 Grad eine Topfzeit von 50 bis 70 Minuten und härtet in 20 bis 24 Stunden aus. Er wird auch Tropical Härter genannt und eignet sich besonders für eine tropisch feuchtwarme Umgebung. Bei 35 Grad verkürzt sich die Topfzeit auf 20 bis 30 Minuten, dementsprechend verkürzt sich auch die Aushärtungszeit auf sechs bis acht Stunden.
Der Härter für die Spezialbeschichtung: WEST SYSTEM 207 – Special Coating Hardener
Dieser Härter hat bei einer Temperatur von 25 Grad eine Topfzeit von 20 bis 30 Minuten und härtet in neun bis zwölf Stunden aus. Er wurde entwickelt, um Beschichtungen mit einer besonders klaren Oberfläche herzustellen.
Füller
Es ist möglich, Epoxidharze für verschiedene Anwendungen mit Füllstoffen zu mischen. Damit können beispielsweise Spachtelmassen oder dickflüssigere Klebstoffe hergestellt werden.
Zu den häufigsten Füllmaterialen für Epoxy gehören Glasfaserhäcksel, Baumwollfasern, Zellulose, Silicatpulver und Microballoons. Jeder der Füllstoffe gibt dem Harz bestimmte Eigenschaften für die Verarbeitung und das ausgehärtete Endprodukt. Zudem unterscheiden sie sich auch in Gewicht und Volumen.
Die Füllstoffe von WEST SYSTEM haben Nummern. Je höher die Nummer des Füllstoffs, desto leichter schleifbar ist die Masse, die damit erstellt werden kann. Demzufolge sind sie aber auch weniger strukturell stabil. Auch die Dichte, die sich mit den Füllstoffen erreichen lässt, kann an der Nummer abgelesen werden. Die Füller 402 bis 406 haben eine hohe Dichte und eignen sich von daher besonders gut zum Kleben. Die weniger dichten Füller 407 bis 410 sind besser zum Auffüllen einer Oberfläche beziehungsweise zum Spachteln geeignet.
Füllstoff Glasfaserhäcksel: WEST SYSTEM 402 – Milled Glass Fibre Blend
Diese hochdichte Füllstoffmischung besteht zum größten Teil aus gehäckselten Glasfasern. Mit einer Mischung aus Epoxy und 402 werden in erster Linie Hohlstellen gefüllt und kleinere Schäden im GFK repariert. Bei größeren Schäden muss laminiert werden. Durch die Glasfaserhäcksel wird die fertige Reparatur fest und widerstandsfähig.
Füllstoff Baumwollfasern: WEST SYSTEM 403 – Microfibres
Der Hauptbestandteil von 403 sind feine Baumwollfasern zum Andicken des Epoxy. Damit entsteht eine Art Leim zum Verkleben von Hölzern und strukturellen Verbindungen.
Hochdichter Füllstoff: WEST SYSTEM 404 – High Density Filler
Der Füller 404 wurde zum Verkleben und Unterfüttern von Beschlägen entwickelt. Wird der Füllstoff mit Epoxy gemischt, entsteht ein Kleber mit sehr hoher Festigkeit, der zudem druckfest ist.
Spachtelmasse mit Zellulosefasern: WEST SYSTEM 405 – Filleting Blend
Wie Füller 403 dient die Zumischung dieses Füllstoffs in erster Linie zum Verkleben von Hölzern. Die Zellulosefasern von Füller 405 sind jedoch feiner und ergeben folglich eine feinere Oberfläche zum Spachteln als die des Füllers 403. Zudem ist der Füller 405 in der Farbe holzähnlich und ergibt eine natürlich aussehende Holzfläche.
Füllstoff aus kolloidalem Siliciumdioxid/Quarzmehl: WEST SYSTEM 406 – Colloidal Silica
Füller 406 ist ein sogenanntes Thixotropiermittel. Das ist ein Material, mit dem Flüssigkeiten angedickt werden. Es wird auch Stellmittel genannt und ist in verschiedenen Pasten enthalten. Es dient dem Zweck, die Viskosität des Epoxidharzes so zu verändern, dass es beim Kleben an senkrechten Flächen oder über Kopf nicht wegfließt beziehungsweise tropft. Füller 406 funktioniert entweder allein als allgemeiner andickender Füllstoff zum Verkleben und Füllen von Fugen oder als Ergänzung zu anderen Füllstoffen.
Niedrigdichter Füllstoff aus Microballoons: WEST SYSTEM 407 – Low Density Filler
Microballoons sind feine Phenolharz-Hohlkügelchen zum Andicken des Epoxidharzes. Diese Masse dient zum Verkleben von leichten Materialien oder zum Spachteln von Oberflächen. Ein Füllstoff mit Microballoons lässt sich deutlich besser schleifen als beispielsweise jener auf Basis von Füller 404.
Weißer Füllstoff aus Glashohlkügelchen: WEST SYSTEM 409 – Microsphere Blend
Füller 409 basiert auf Glashohlkügelchen und lässt sich besonders gut schleifen. Der Unterschied zu Füller 407 ist in erster Linie die Farbe. Füller 409 ist weiß und eignet sich besonders gut zur Herstellung einer Spachtelmasse für Flächen und Fugen bei GFK-Booten.
Superleichter Füllstoff: WEST SYSTEM 410 – Microlight
Der ebenfalls auf Microballoons basierende Füller 410 eignet sich besonders zum Erstellen einer Spachtelmasse für große Flächen, da er nur einen Bruchteil des Gewichts normaler Spachtelmassen aufweist. Füller 410 ist nach dem Aushärten beige.
Die Additive – besondere Füllstoffe
Es können auch Additive zum Epoxidharz hinzugefügt werden, um Beschichtungen mit speziellen Eigenschaften zu erreichen.
Das Epoxidharz einfärben: WEST SYSTEM 501 bis 506 – Pigmente
Zum Einfärben können dem Harz Farbpigmente hinzugefügt werden. Das hat zweierlei Nutzen. Zum einen kann damit ein Spachtel, dort, wo später nicht gestrichen wird, farblich angepasst werden. Zum anderen können bei einem Schichtaufbau die verschiedenen Schichten kenntlich gemacht werden.
Epoxidharz gegen Abrieb: WEST SYSTEM 420 – Aluminium Powder
Das Aluminiumpulver erhöht die Härte und Abriebfestigkeit der Beschichtung. Zudem wird die Feuchtigkeitsbeständigkeit erhöht.
Epoxidharz als Sperrschicht: WEST SYSTEM 422 – Barrier Coat Additive
Mit diesem Additiv wird die feuchtigkeitshemmende Wirkung des Epoxidharzes signifikant erhöht. Eine Sperrschicht aus Epoxy mit 422 steigert die Osmosebeständigkeit des Rumpfes.
Epoxidharz mit geringer Reibung: WEST SYSTEM 423 – Graphite Powder
Die Zugabe von Grafitpulver verringert die Reibung des Epoxidharzes. Es eignet sich folglich besonders, wenn eine reibungsarme Beschichtung, beispielsweise auf einem Kielschwert oder am Boden einer Rennyacht, erstellt werden soll.
Gewebe und Gelege für Arbeiten mit Epoxy an Yachten
Gewebe und Gelege sind Stoffe aus Glasfaser, die in das Harz eingearbeitet werden. Sie steigern die Bruchfestigkeit und Elastizität. Auch können damit besser Rundungen geformt und verfestigt werden. Gewebe und Gelege sehen aus wie eine gewebte Textilmatte. Umgangssprachlich wird daher gerne auch von „Matte“ gesprochen. Das ist genau genommen falsch. Glasfasermatten werden mit Polyesterharz verwendet, mit Epoxidharz gehen sie keine zufriedenstellende Verbindung ein. Bei der Arbeit mit Epoxy kommen höherwertige Produkte zum Einsatz, sogenannte Glasgewebe oder Glasgelege.
Glasgewebe
Bei Glasgewebe werden Glasfaserstränge miteinander verwoben. Durch die unterschiedliche Ausrichtung der Fasern in null und neunzig Grad wird Festigkeit in zwei Richtungen erzeugt.
Es wird zudem zwischen der Leinwand- und Köperbindung unterschieden. Die Leinwandbindung ist etwas dichter und fester als die Köperbindung. Glasgewebe eignen sich für die meisten Anwendungszwecke und sind daher meist auch in Reparatursets für Yachten enthalten. Es gibt auch spezielle Kohlenstofffasergewebe (Carbongewebe).
Glasgelege
Im Gegensatz zum Glasgewebe werden beim Glasgelege die Glasfaserstränge in verschiedenen Richtungen übereinander gelegt und dann miteinander vernäht.
Es gibt vier Arten von Glasgelegen, entscheidend sind dabei die Faserausrichtungen.
- Unidirektionales Glasgelege hat eine Faserausrichtung in Längsrichtung (0 Grad).
- Bidiagonales Glasgelege hat zwei Faserausrichtungen (minus 45 Grad und plus 45 Grad oder 0 Grad und 90 Grad).
- Triaxiales Glasgelege hat drei Faserausrichtungen (minus 45 Grad, 0 Grad und plus 45 Grad) sowie ein höheres Materialgewicht (pro Quadratmeter ab 600 Gramm).
- Quadraxiales Glasgelege hat vier Faserausrichtungen (90 Grad, minus 45 Grad, 0 Grad und plus 45 Grad) und ein noch höheres Materialgewicht (pro Quadratmeter ab 800 Gramm). Für Reparaturarbeiten auf Yachten ist es daher zu schwer.
Für Yachtreparaturen wird üblicherweise bidiagonales Glasgewebe genutzt, da es leicht in der Handhabung und Verarbeitung ist. Darüber hinaus absorbiert es gut die Kräfte. Es gibt auch hier spezielle Kohlenstofffasergewebe (Carbongewebe).
Abreißgewebe
Abreißgewebe ist ein Gewebe aus Nylon. Es wird als letzte Lage auf das Laminat aufgebracht und erst vor der Weiterverarbeitung wieder „abgerissen“. Abreißgewebe nimmt überschüssiges Harz auf und lässt sich auch nach dem Aushärten leicht entfernen. Nach dem Abreißen entsteht eine leicht raue Oberfläche, auf der direkt – ohne Anschleifen – weitergearbeitet werden kann. Darüber hinaus verhindert es die sogenannte Aminröte, ein fettiger, wachsartiger Film, der durch Luftfeuchtigkeit bei der Aushärtung entstehen kann. Hinweis: Bei Verklebungen, die sehr hohe Kräfte aushalten müssen, sollte trotz des Einsatzes eines Abreißgewebes angeschliffen werden.
Epoxidharz ohne Anmischen: WEST SYSTEM SIX 10
SIX 10 ist ein angedickter Epoxy-Kleber aus der Kartusche. Er lässt sich in einer handelsüblichen Kartuschenpistole verwenden und braucht nicht extra angerührt werden.
Fazit
Epoxidharz ist eine Art Multitalent. In Kombination mit den entsprechenden Geweben, Füllstoffen und Additiven lassen sich damit diverse Lösungen zum Ausbessern, Kleben und Reparieren herstellen.
Kaum ein Werkstoff ist so vielseitig einsetzbar wie Epoxy. Besonders sticht der Hersteller WEST SYSTEM mit seinem speziell auf Yachteigner und Bootsbauer ausgerichteten Angebot hervor. Wer mehr erfahren möchte, kann hier klicken.