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Dr. Robert Möckel ist Ingenieur der Fachrichtung Schiffsmaschinenbau und im “zweiten Leben” Psychologe (M.Sc.). Nach einer Tätigkeit in einem Motoreninstandsetzungebetrieb hat er in diversen Lehrtätigkeiten Erfahrung in der Wissensvermittlung gesammelt und bietet Seminare zu technischen Themen auf Yachten an. Zusammen mit seiner Frau segelt er eine Dehler 35 SV, die in Flensburg beheimatet ist.
Ausgangslage – 50 ways to kill your engine
Der Dieselmotor ist nicht nur mit das teuerste Ausrüstungsteil einer Segelyacht, er sollte auch eines der langlebigsten sein. Rechnet man mit einer Lebensdauer von 5.000 Stunden, so reicht das schon ganz gut für ein ganzes Seglerleben. Nun zeigt die Praxis aber, dass Bootsmotoren häufig schon deutlich früher ausfallen, und so sei im Folgenden der Frage nachgegangen, was der Segler tun kann, damit der Bootsdiesel sein Lebensdauerpotential auch ausnutzt.
Der Motor eines Segelbootes steht nicht immer im Zentrum der Aufmerksamkeit und so sollte es bei einem Segelboot ja auch sein. Er stellt ja „nur“ den zweiten, den Hilfsantrieb dar. Die Beschäftigung mit Rigg und Segeln macht vielen Seglern mehr Freude, aber leider verschwindet das Problem davon noch nicht. Aus gutem Grund geht BLAUWASSER.DE immer wieder ausführlich auf die Wartung des Dieselmotors ein und gibt Tipps zur richtigen Benutzung. Bevor wir das Thema hier umfassend betrachten, seien zwei Begriffe geklärt.

Lebensdauer versus Zuverlässigkeit
Gleich vorweg: Die Begriffe Lebensdauer und Zuverlässigkeit beschreiben nicht das gleiche. Startet ein Motor nicht oder bleibt er unvermittelt stehen, so hat man es zunächst wahrscheinlich mit einem Mangel an Zuverlässigkeit zu tun. Plötzlich auftretende Startprobleme sind häufig eine Folge von Luft im Kraftstoffsystem und ein plötzlicher Motorstillstand wird häufig von Dreck im Kraftstoffsystem, meistens Dieselpest, hervorgerufen. In beiden Fällen ist der Motor selbst nicht beschädigt und sobald die Luft oder der Dreck aus dem System entfernt sind, läuft er wieder. Das Ende der Lebensdauer ist nicht erreicht.

Anders sieht es aus, wenn der Motor in jedem Frühjahr doch etwas mühsamer anspringt und schließlich bei unter 10 Grad Celsius nur noch mit Starthilfespray zum Laufen zu bringen ist, größere Mengen Öl verbraucht und/oder Geräusche erzeugt, die früher so nicht vorhanden waren. Dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Motor verschlissen ist und einer grundlegenden Reparatur oder Überholung bedarf. Die Notwendigkeit einer grundlegenden Überholung bezeichnet dann das Ende der Lebensdauer. Nach der Überholung ist der Motor wieder für Tausende von Betriebsstunden nutzbar, bis zur nächsten Überholung. Die durchschnittliche Zeitdauer zwischen den Überholungen wird auch als Mean Time Between Overhaul, kurz MTBO, bezeichnet.

Wie kurz oder lang die MTBO ist, hängt vom Typ des Motors und seinen Einsatzbedingungen ab, aber einen Wert von 10.000 Stunden kann man zunächst mal als üblich annehmen, wenn man keine spezifischen Angaben findet. Generell sind Bootsmotoren sehr einfach aufgebaut, aber von 5.000 Stunden zwischen den grundlegenden Überholungen sollte man doch ausgehen dürfen. Wendet man diese 10.000 Stunden auf PKWs an, so erhält man bei einer zugrunde gelegten Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde eine Laufleistung von 500.000 Kilometern, und bei 5.000 Stunden sind das dann 250.000 Kilometer. Das ist für einen modernen PKW realistisch, die Größenordnung stimmt also.
Dieselmotoren in Yachten sind häufig marinisierte Standard-Industriemotoren
Allerdings zeigt die Praxis, dass diese 5.000 Stunden beim Bootsmotor keineswegs üblich sind und erhebliche Reparaturen häufig schon deutlich früher anfallen. Woran liegt das? Und was können Eigner tun, damit der Bootsmotor die 5.000-Stunden-Marke erreicht und überschreitet? Nun ist der Dieselmotor ein seit vielen Jahrzehnten bewährtes und millionenfach verwendetes Gerät, sodass auch die Verschleißmechanismen gut bekannt sind. Dabei sind Bootsmotoren nur eine und global gesehen keineswegs die wichtigste Anwendung. Daher ist es sinnvoll, Bootsmotoren gedanklich in den Basismotor und die für den Bootsbetrieb spezifische Anpassung, gerne auch Marinisierung genannt, zu trennen.
Beim Basismotor handelt es sich meist um einen in großer Stückzahl produzierten Industriemotor. Solche Motoren werden für eine Vielzahl von Anwendungen hergestellt. Man denke an Bagger, Gabelstapler, Kleintraktoren oder Pumpenaggregate in der Landwirtschaft. Dabei ist das Kühlsystem so aufgebaut, wie man es auch aus dem PKW kennt. In einem geschlossenen System zirkuliert ein Kühlmittel, und mit Hilfe eines Luft-Wasser-Wärmeübertragers (umgangssprachlich auch als Kühler bezeichnet) wird die Wärme an die Umgebung abgegeben. Für den Motor ist es egal, ob er seine Nutzleistung an eine Hydraulikpumpe (im Gabelstapler oder Bagger), an ein Schaltgetriebe wie im Traktor oder an eine Pumpe abgibt. Für viele dieser Anwendungsfälle ist eine Drehzahlregelung im Einspritzsystem vorgesehen (der sogenannte Alldrehzahlregler), welche auch für den Bootsbetrieb geeignet ist, sodass hier keine Anpassung erforderlich ist.

Eine Anpassung ist hingegen beim Kühl- und beim Abgassystem vonnöten. Bei Maschinen und Fahrzeugen an Land bietet es sich an, die Umgebungsluft als Rückkühlmedium zu verwenden. Diese Bauart hat sich auf Booten nicht durchgesetzt. Stattdessen wird das Wasser, in dem das Boot schwimmt, als Kühlmedium verwendet. Wasser hat eine wesentlich höhere Dichte und dazu noch im Vergleich zu Luft eine etwa vierfache spezifische Wärmekapazität, sodass nur kleine Schläuche oder Rohre zum Transport des Kühlmediums ausreichen und keine raumgreifenden Luftkanäle erforderlich sind. Der Platz ist an Bord von Yachten erfahrungsgemäß (und interessanterweise auch unabhängig von der Schiffsgröße!) knapp. Dazu ist eine Kühlung mit Seewasser auch akustisch vorteilhaft, weil kein Ventilator für die Kühlluft erforderlich ist. Außerdem geben wassergekühlte Motoren aufgrund ihres doppelwandigen Aufbaus weniger Geräusche an die Umgebung ab. Sie sind somit prinzipiell leiser.

Die Abgasanlage an Bord einer Yacht erfordert auch Anpassungen gegenüber dem Landbetrieb. Bei den drei genannten terrestrischen Anwendungen des Basismotors ist die Auspuffanlage ähnlich wie bei einem PKW ausgeführt. Sie leitet die heißen Abgase durch einen Schalldämpfer, auch als Auspufftopf bekannt, ab. Dabei achtet man bei der Verlegung darauf, dass die heißen Bauteile keinen Schaden anrichten können und deckt sie erforderlichenfalls beispielsweise mit einem Metallgitter so ab, dass keine Menschen gefährdet werden. An Bord eines Schiffes sind die Anforderungen an den Brandschutz aber höher und so hat sich bei Yachten das Prinzip des sogenannten nassen Auspuffs durchgesetzt.
Beim nassen Auspuff werden das erwärmte Seewasser (Kühlwasser) und die Abgase gemeinsam über eine Leitung abgeführt. Der große Vorteil dieses Systems ist, dass es an der ganzen Anlage kein Bauteil gibt, das eine Oberflächentemperatur von 100 Grad Celsius erreichen würde. Die einzige Ausnahme ist nur die Lichtmaschine, die im Boot unter hoher Last auch schon mal über 100 Grad Celsius erreichen kann. Damit hat sich ein Großteil der Brandschutzproblematik erledigt, und das Abgas kann mit einem Gummischlauch ohne weitere Dämmung im Boot geführt werden.

Bei Yachten, die einen trockenen Auspuff verwenden (beispielsweise solche mit Außenhautkühlung), muss hingegen die gesamte Auspuffleitung gegen Berührung geschützt werden, was einen erheblichen Mehraufwand mit sich bringt. Dazu muss die Wärmeabstrahlung eingedämmt werden, was beim nassen Auspuff nicht nötig ist. Aus diesen bootsspezifischen Anpassungen resultieren nun auch spezifische Probleme, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen. Die Probleme lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen, und zwar in Schäden durch Wasser im Motor und Schäden aufgrund von Überhitzung.
Erste Herausforderung: Kühlung mit Wasser im Bootsmotor
Damit die Abgasleitung vom Motor bis zum Austritt aus dem Boot nicht warm wird, sollte das Seewasser möglichst nahe am Motor in das Abgas eingebracht werden. Andererseits mag der Motor aber gar kein Wasser im „Verdauungstrakt“. Verfolgt man den Abgasweg von der Seewassereinspritzung zurück in den Motor, so landet man recht schnell bei den Auslassventilen und dahinter sind dann auch schon die Brennräume, in die auf keinen Fall Wasser gelangen darf.
Würde bei laufendem Motor Wasser in die Brennräume eintreten (was in der Praxis eher über die Einlassventile möglich wäre), würde der Motor einen sogenannten Wasserschlag erleiden. Dabei sind mechanische Schäden an verschiedenen Bauteilen möglich und häufig ist der Motor danach ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Steht der Motor, sind die Auswirkungen nicht so spektakulär, aber nicht weniger zerstörerisch. Das Wasser läuft dann zwischen der Zylinderwand und dem Kolben nach unten. Während die Kolben aus Aluminium nach einem Wasserkontakt meistens keine direkten Schäden zeigen, rosten die Kolbenringe an der Zylinderwand fest. Fest kann in diesem Falle bedeuten, dass sich die Kolben nur noch mit massiver Gewalt bewegen lassen, und danach ist der Motor im Regelfall auch ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Im Bootsbetrieb ist der zweite Mechanismus, also das langsame Eindringen von Wasser über die Auslassventile, erfahrungsgemäß der häufigere und da Bootsmotoren häufig wochen- oder gar monatelang nicht benutzt werden, hat das Wasser auch hinreichend Zeit für korrosives Treiben.

Zweite Herausforderung: Die Seewassereinspritzung des Bootsmotors
Um nun einerseits das kühlende Wasser möglichst nah beim Motor in die Abgasleitung einbringen zu können, andererseits aber auch sicherzustellen, dass es unter keinen Umständen in den Motor gelangt, haben die Motorenhersteller dafür spezielle Bauteile entwickelt. Für diese sind verschiedene Bezeichnungen wie Auspuffkrümmer, Abgasknie gebräuchlich; im Folgenden seien sie nach ihrer Funktion Seewassereinspritzung genannt.
In diesen Bauteilen werden Seewasser und Abgas auf einem Teil der Länge parallel geleitet. Etwas später wird dann das Seewasser in den Abgasstrom eingebracht. Hierfür werden nicht etwa zwei Rohre nebeneinander verwendet, sondern zwei ineinander befindliche Rohre. Diese Anordnung wird auch konzentrisch genannt. Dabei strömt das Abgas im inneren Rohr, während das Wasser im Mantelraum zwischen dem inneren und dem äußeren Rohr geleitet wird. Der Vorteil dieses Aufbaus besteht darin, dass die Oberfläche gut gekühlt ist. Kommt man bei laufendem Motor mit der Hand an dieses Auspuffbauteil, so wird man sich keine Verbrennung zuziehen – ganz im Gegenteil zum Abgaskrümmer beim trockenen Auspuff. Durch diese Bauform hat das Wasser immer einen gewissen „Sicherheitsabstand“ vom Motor, und bei korrektem Einbau der Abgasanlage sollte es ausgeschlossen sein, dass Wasser zurück in den Motor läuft und zu Beschädigungen führt.

Das eigentliche Problem der Seewassereinspritzung sind Korrosion und Verstopfung. Relativ unproblematisch ist die Abgasseite. Hier lagert sich Ruß an, der üblicherweise aber leicht zu entfernen ist, wenn das Bauteil vom Motor abgeschraubt wird.
Nicht so leicht hat man es auf der Seewasserseite. Der Seewassereintritt setzt sich mit der Zeit zu, sodass von den 12 Millimeter freiem Durchmesser nur noch ein Bruchteil übrigbleibt. Dass die Strömung des Seewassers durch den Wärmeübertrager davon eingeschränkt wird, liegt auf der Hand und exakt hier ist häufig die Ursache für eine Überhitzung des Bootsmotors zu finden.

Für den Sportschiffer richtig sicherheitsrelevant ist die Korrosion der Seewassereinspritzung, zumal diese die unschöne Eigenschaft hat, das Bauteil von innen nach außen aufzufressen. Bei den meisten Installationen blickt man von oben auf die Seewassereinspritzung. Das ist ungünstig, da sie auf der Oberseite meist zuletzt zutage tritt. Vorher sind im Inneren bereits schwere Abrostungen eingetreten, womit dann die eigentliche Funktion des Geräts (das Seewasser vom Motor fernzuhalten) in Frage gestellt ist. In fortgeschrittenen Fällen rostet auch der Mantel durch und dann läuft das Seewasser nicht mehr in den Abgasstrahl, sondern in die Bilge. Man flutet also mit der Seewasserpumpe das eigene Boot – die Folgen kann sich jeder ausmalen.

Damit es nicht soweit kommt, ist es kaum zu vermeiden, sich dieses Bauteils in regelmäßigen Abständen gründlich anzunehmen. Ab einem Alter von etwa zehn Jahren ist eine Kontrolle in jedem zweiten Jahr sinnvoll, auch wenn das so nicht in den Wartungsplänen der Motorhersteller steht.
Dritte Herausforderung: Das Vakuumventil des Bootsmotors
Zum Schutz vor im Stillstand in den Motor fließendes Wasser sollte in jeder Motorinstallation, bei welcher der Motoraustritt nicht allzu weit über der Wasserlinie liegt, ein Belüftungsventil im Seewasserschlauch eingebaut sein. Dieses Ventil wird vom Wasserdruck, den die Seewasserpumpe im Betrieb aufbaut, geschlossen und öffnet sich selbsttätig, wenn im Schlauch Unterdruck entsteht. Soweit die Theorie. In der Praxis kann dieser Unterdruck, wenn einige unglücklicher Umstände zusammentreffen, dazu führen, dass nach dem Abstellen des Motors ein kleiner, aber dauerhafter Wasserstrom durch den Wärmeübertrager und dann in den Abgassammler fließt. Ist der Abgassammler voll, so läuft das Wasser einerseits in Richtung Auspuff und andererseits in Richtung Motor. Vor dem Auspuff ist aber noch ein Schwanenhals montiert (sei es als eigenes Bauteil oder aus dem Abgasschlauch in elegantem Bogen gelegt), sodass das Seewasser dann eher den Weg in den Motor findet und diesen flutet – mit dann verheerenden Folgen.

Um die Flutung mit Seewasser zu verhindern, wird in die Seewasserleitung das angesprochene Belüftungsventil, auch Vakuumventil oder Schnüffelventil genannt, eingebaut. Es kann irgendwo zwischen dem Teil der Leitung eingebaut werden, in dem während des Motorlaufs ein Überdruck gegenüber der Umgebung herrscht. Üblich ist der Einbau zwischen dem Druckstutzen der Seewasserpumpe und dem Wärmeübertrager. Bei laufendem Motor und damit arbeitender Seewasserpumpe sorgt der Druck in der Seewasserleitung dafür, dass das Vakuumventil schließt. Wird der Motor abgeschaltet, bleibt die Wasserpumpe stehen und der Druck in der Leitung bricht zusammen. Entsteht hier nun ein Unterdruck, so öffnet das Vakuumventil und Luft dringt in den Schlauch ein. Damit ist der Syphon-Effekt unterbunden und der sonst unter gewissen Umständen mögliche langsame Wasserstrom bei stehendem Motor wird verhindert.

Die geschilderte Funktion des Vakuumventils stellt den Idealfall dar. Dann ist das Ventil bei laufender Pumpe perfekt geschlossen und es öffnet schon beim leichtesten Unterdruck. Nun gilt auch für dieses Ventil, was für jedes seewasserdurchflossene Bauteil gilt: Das Seewasser hinterlässt seine Spuren, sei es in Form von Korrosion, Verkalkung oder Bewuchs. Somit sind zwei Fehlfunktionen möglich. Einerseits schließt das Ventil häufig nicht perfekt, sodass während des Motorlaufs hier ein wenig Wasser austritt. Der Effekt ist bekannt, und so wird bei der Installation der Motoranlage gerne schon ein kleiner Schlauch vom Ventil zum Abgasschlauch gelegt, um das Tropfwasser abzuführen. Selbst wenn das Ventil kaum noch schließt, ist der hier abzweigende Wasserstrom so gering, dass die Kühlung des Motors nicht gefährdet sein sollte. Problematischer ist die andere Fehlfunktion: Dann öffnet das Ventil nicht bei Unterdruck und es hat seinen Zweck verfehlt. Der Zustand entspricht dann einem System ohne Ventil. Das Unangenehme an diesem Fehler ist, dass man ihn im Regelfall nicht bemerkt. Daher sollte auch das Vakuumventil regelmäßig auf seine Funktion geprüft werden. Abhilfe bieten hier Systeme mit durchsichtigen Kühlwasserschläuchen. Da ist eine Sichtkontrolle möglich.

Vierte Herausforderung: Überhitzung des Bootsmotors
Bootsmotoren sterben im Regelfall an Überhitzung. Das wirkt angesichts des in nahezu unbegrenzter Menge zur Verfügung stehenden Kühlmediums Seewasser nicht eben einleuchtend, zumal Bootsmotoren meist nur bei Teillast laufen und damit ein wesentlich weniger anstrengendes Leben als die Kollegen in Landwirtschaft und Industrie führen.

Die meisten Bootsmotoren verfügen über eine indirekte Seewasserkühlung (Zweikreiskühlung). Dabei wird das Seewasser nicht direkt durch den Motor geleitet, sondern durch einen Wärmeübertrager, der seinerseits das Kühlmittel (Kühlwasser) im Motor abkühlt. Damit ist der Aufbau beim Bootsmotor mit dem im Kraftfahrzeug vergleichbar. Es gibt ein geschlossenes inneres System und dieses gibt dann die Wärme an die Umgebung ab. Im Falle des PKWs ist das die Umgebungsluft, die als Fahrtwind durch den Wärmeübertrager (im Auto etwas unpräzise „Kühler“ genannt) strömt, und im Falle des Bootes ist das das Seewasser, welches durch den Saildrive oder ein eigenes Seeventil angesaugt und zusammen mit dem Abgas am Heck des Bootes wieder ausgestoßen wird.
Damit besteht das Kühlsystem aus zwei Teilen, die für den zuverlässigen Betrieb beide in gutem Zustand sein müssen. Andersherum betrachtet kommen also auch beide als Ursache für ein vorzeitiges Aus des Bootsmotors in Frage, und daher seien sie hier genauer betrachtet. Während beim inneren Kühlsystem ein Problem, nämlich die Verschlammung aufgrund selten oder niemals erneuerten Kühlmittels, im Vordergrund steht, kommen beim äußeren Kühlsystem diverse Bauteile als Ursache für eine Überhitzung und damit auch für ein verfrühtes Ende des Bootsmotors in Frage. Beginnen wir daher mit dem äußeren System.
Grundsätzlich ist das Kühlsystems eines Bootsmotors mit reichlich Reserve dimensioniert. Natürlich ist auch den Konstrukteuren der Motorhersteller bekannt, dass ein Kühlsystem im Laufe der Zeit einen Teil seiner Leistung verliert und so führt ein verlorener Impellerflügel nicht gleich zur Überhitzung des Motors. Dadurch wird das ganze Kühlsystem unempfindlicher, was aber mit dem Nachteil verbunden ist, dass Fehler in einzelnen Komponenten gar nicht so einfach bemerkt werden können. So kann der Eigner jahrelang mit einem Kühlsystem unterwegs sein, welches nur noch einen Bruchteil seiner ursprünglichen Leistung aufweist. Das fällt nicht auf, weil die maximale Leistung beim Bootsmotor selten bis nie abgerufen wird und die eher niedrigen Wassertemperaturen in vielen Segelrevieren dazu beitragen, dass auch noch ein Seewasser-Rinnsal ausreicht, um genug Wärme vom Motor abzuführen.

Der Exitus kommt für den Bootsmotor, wenn plötzlich die volle Leistung gefordert wird. Aus welchem Grund auch immer wird der Gashebel für mehr als ein paar Sekunden bis zum Anschlag bewegt, der Motor geht auf Nenndrehzahl und mit schäumender Bugwelle und wildem Schraubenwasser befreit sich die Yacht aus einer bedrohlichen Lage. Ist das Kühlsystem dann in seiner Leistung eingeschränkt, so wird er heiß. Zu heiß. Dann wird der Temperaturalarm ausgelöst. Wird in dieser Situation die Motorleistung nicht sofort deutlich reduziert, ist bald mit einem Motorausfall mit deutlichem Überhitzungsschaden zu rechnen, und zwar in genau der Situation, in der man auf den Motor am wenigsten verzichten mag.
Fünfte Herausforderung: Der Seewasserfilter des Bootsmotors
Zunächst einmal kann sich der Weg des Seewassers aufgrund biologischer Einflüsse (Bewuchs) zusetzen. Dies ist aber kein motorspezifischer Effekt, denn auch andere Zuläufe eines Bootes sind davon betroffen. Verfolgen wir den Weg des Seewassers weiter, so ist der nächste Kandidat der Seewasserfilter. Fehler an dieser Stelle werden meist eher schnell erkannt und lassen sich auch rasch beheben. Der Seewasserfilter besteht aus wenigen Teilen, ist meist gut erreichbar installiert und einfach zu reinigen.

Sechste Herausforderung: Die Seewasserpumpe des Bootsmotors
Anders sieht das beim nächsten Bauteil aus, der Seewasserpumpe, unter Bootfahrern auch gerne Impellerpumpe genannt. Diese Pumpe verfügt über einen Läufer (fachlich nicht so ganz korrekt auch als Impeller bezeichnet) aus einem Elastomer (umgangssprachlich Gummi) und dieser Läufer verschleißt, sowohl im Laufe des Betriebs als auch einfach durch Ablauf der Zeit. Das ist bei der Mehrzahl der Segler und Motorbenutzer auch bekannt, weswegen der Impeller auf vielen Booten dann auch regelmäßig getauscht wird.

Leider ist der Impeller nicht das einzige Bauteil, welches an der Seewasserpumpe verschleißt. Auch das Gehäuse aus Metall mitsamt aufgeschraubtem Deckel verschleißt bei Benutzung (wenn auch nicht durch Zeitablauf). Dabei hängt die Geschwindigkeit dieses Verschleißes stark vom Schwebstoffgehalt des Seewassers ab. Wer in Gewässern unterwegs ist, in denen auch bei fünf Meter Wassertiefe der Boden gut auszumachen ist, wird sich mit dem Verschleiß der Seewasserpumpe nur selten befassen müssen. Anders sieht es in den Gewässern der Nordsee aus, wo viel Sedimente im Seewasser enthalten sind. In solch einem Revier können mit dem Seewasser auch Schlick oder Sand angesaugt werden. Sie wirken wie eine Schleifpaste. Dann lässt die Leistung der Seewasserpumpe vergleichsweise rasch nach. Ein Tausch des Impellers hilft hier nicht und auch ein neuer Deckel auf der Pumpe ist nur die halbe Lösung, weil ja die gegenüberliegende Seite des Pumpenkörpers ebenfalls vom abrasiven Verschleiß betroffen ist. Die Reparatur und Überholung der Seewasserpumpe sind hier beschrieben.

Siebte Herausforderung: Der Wärmeübertrager des Bootsmotors
Das nächste Bauteil ist nach dem Vakuumventil, das weiter oben schon besprochen wurde, der Wärmeübertrager. Dieser bietet reichlich Potential für einen Leistungsverlust bis hin zum kompletten Versagen des Kühlsystems. Seewasserseitig setzt er sich mit den Dingen zu, die das Seewasser so mit sich bringt. Von Seegras über Seepocken bis zu abgerissenen Impellerflügeln findet sich allerhand vor dem Eingang des Wärmeübertragers, was den Durchfluss des Seewassers behindert und damit die Leistung des ganzen Kühlsystems einschränkt. Auch dieser Effekt ist bekannt, und so sehen die Wartungsanleitungen der Motorhersteller eine regelmäßige Inspektion und Reinigung des Wärmeübertragers vor. Im Gegensatz zu Ölwechseln wird diese Herstellervorgabe im Regelfall schlicht ignoriert. So dürfte ein erheblicher Teil älterer Yachtmotoren noch nie eine Reinigung des Wärmeübertragers erlebt haben. Eine Erklärung für diesen bemerkenswerten Umstand suche ich schon seit Jahren, denn die Arbeit erfordert zwar einen gewissen Zeitaufwand, aber in der Regel kein Spezialwerkzeug und auch keine besonderen Kenntnisse.

Hat das Seewasser die Abwärme des Motors aufgenommen und den Wärmeübertrager verlassen, so wird es dem Abgasstrom beigemischt oder, anders formuliert, in das Abgas eingespritzt. Das dafür verantwortliche Bauteil ist schon weiter oben vorgestellt, weil es seine spezifische Form deswegen hat, um einen Eintritt des Seewassers in den Motor zu verhindern. Leider rostet dieses Bauteil nicht nur durch, sondern leidet ebenso wie andere Bauteile, die von warmem Seewasser durchflossen sind, an – etwas unwissenschaftlich formuliert – Verkalkung. Diese Verkalkung reduziert den Strömungsquerschnitt und behindert den Fluss des erwärmten Seewassers. Der Effekt ist der gleiche wie beim Seegras vom dem Wärmeübertrager: Es fließt weniger Seewasser und wenn mal eine größere Motorleistung abgerufen wird, ist es dann plötzlich zu wenig Seewasser.

Dieses Bauteil wird in den Wartungsplänen üblicherweise nicht unter den regelmäßig zu erneuernden gelistet. Die hier geschilderten Schäden sollten aber deutlich machen, dass dieses Bauteil scharf im Auge zu behalten ist. Ein vorsorglicher Austausch etwa alle zehn Jahre ist keineswegs übervorsichtig.
Achte Herausforderung: Der innere Kühlkreislauf
Das äußere Kühlsystem leidet unter all dem, was das Seewasser so mit sich bringt. Im inneren System herrschen dagegen (aus maschinenbaulicher Sicht) nahezu paradiesische Zustände. Hier zirkuliert in einem geschlossenen System ohne Luftzutritt ein Kühlmittel, welches dank eines geeigneten Zusatzes im Winter nicht einfriert und auch nicht korrosiv ist. Die Sache hat leider einen Haken: Die Frostschutzwirkung ist zeitlich sehr stabil, aber die Rostschutzwirkung leider nicht. Aus diesem Grund schreiben die Hersteller den regelmäßigen Wechsel des Kühlmittels vor. Die Intervalle reichen dabei typischerweise und je nach verwendetem Kühlmittelzusatz von einem Jahr bis zu vier Jahren. Erfahrungsgemäß wird diese Vorgabe in den allermeisten Fällen schlicht ignoriert.

In Diskussionen mit Bootseignern wird entgegengehalten, dass ein Wechsel des Kühlmittels bei Autos doch auch nicht üblich sei. Nun, auch bei Autos ist der Wechsel vorgesehen, aber die Unterlassungssünden machen sich hier nicht so bemerkbar. Der Grund dafür ist kein technischer: Autos bleiben selten 20 oder 30 Jahre beim Erstbesitzer, sondern wandern im Laufe ihres Daseins in Mitteleuropa durch mehrere Hände, bis sie im 21. Jahrhundert nicht mehr aufgrund von Durchrostungen verschrottet, sondern meist nach Übersee exportiert werden. Das Problem, welches der unterlassene Kühlmittelwechsel verursacht, ist schlicht hinter dem Horizont des Erstbesitzers verschwunden.

Anders als beim PKW verhält es sich beim Bootsmotor. Das Kühlmittel verliert seine Korrosionsschutzwirkung und im inneren Kühlsystem sorgen die Abbauprodukte für Korrosion. Dabei entsteht ein feiner, bräunlicher Schlamm, der sich der Gravitation folgend zunächst unten im System absetzt. Greift man rechtzeitig ein, so lässt sich dieser Schlamm noch recht gut aus dem Motorblock herausspülen. Ansonsten lagert sich der Schlamm im gesamten inneren Kühlsystem ab, auch im Zylinderkopf. Dort ist die thermische Belastung am größten und früher oder später überhitzt der Motor dann, obwohl genug Kühlmittel im System vorhanden ist. Nicht selten wird der Zylinderkopf dabei beschädigt. Es zeigen sich dann Risse, was bei den doch recht preiswerten Bootsmotoren im Regelfall den wirtschaftlichen Totalschaden bedeutet. Ein solcher Bootmotor ist dann nur scheinbar an der (zeitweise höheren) Belastung kaputtgegangen; Ursache ist tatsächlich der unterlassene Kühlmittelwechsel. Der regelmäßige Wechsel des Kühlmittels (also einfach so, wie es in der Wartungsanleitung steht) dürfte damit die einfachste und preiswerteste Maßnahme sein, den vorzeitigen Motorexitus zu verhindern.

Neunte Herausforderung: Das Ventilspiel des Bootsmotors
Zahlenmäßig weniger bedeutend als Motorausfälle aufgrund von Wasser im Motor oder Überhitzung ist ein anderes Phänomen, was sich aber leicht verhindern ließe, wenn einfach der Wartungsplan eingehalten wird: die Ventilspieleinstellung. Die meisten Bootsmotoren haben keinen automatischen Ventilspielausgleich (der bei PKWs vor etwa einem halben Jahrhundert eingeführt wurde) und so muss dieses gelegentlich geprüft und erforderlichenfalls nachgestellt werden. Die Wartungspläne sehen hierfür Intervalle vor, die beispielsweise bei einem Jahr oder 200 Betriebsstunden liegen. Hält man sich nun an diese Intervalle, so wird man in den meisten Fällen feststellen, dass sich das Ventilspiel bei 50 oder 100 Betriebsstunden im Jahr gar nicht verändert hat.

Irgendwann zweifelt man an der Notwendigkeit der Ventilspieleinstellung und die ganze Aktion gerät in Vergessenheit. Das geht viele Jahre gut, allerdings nur scheinbar. Bei manchen Motoren nimmt das Ventilspiel mit der Zeit zu, bei anderen mit der Zeit ab. Die Abnahme ist der kritischere Fall. Generell ist das Ventilspiel vom Hersteller so bemessen, dass auch bei warmem Motor (und damit aufgrund von Wärmeausdehnung länger gewordenen Ventilen) noch die Ventilteller auf ihren Sitzen im Zylinderkopf anliegen. Reduziert sich das Ventilspiel beispielsweise von einem Sollwert von 0,3 Millimeter im Laufe der Zeit auf 0,1 Millimeter, so schließen die Ventile bei kaltem Motor noch und der Motor springt noch an. Bei warmem Motor schließen sie aber nicht mehr sauber und das thermisch höher belastete Auslassventil kann seine Wärme nicht mehr an den Ventilsitz abgeben. In Folge wird das Ventil zu warm, es „verbrennt“. Bemerkt wird das im Betrieb meistens erst dann, wenn das Ventilspiel auf null gesunken ist und der Motor schlecht anspringt. Die Kompressionsdruckmessung zeigt dann schlechte Werte. Der Schaden ist aber weit früher eingetreten.

Die Kontrolle des Ventilspiels dauert nur wenige Minuten und wenn es beim typischen Betrieb als Hilfsantrieb in einer Segelyacht nur in jedem zweiten Jahr erfolgt, sollte auch kein Schaden eintreten. Vergisst man diesen kleinen Wartungsschritt aber dauerhaft, so hat man hier die Grundlage für einen vollkommen überflüssigen vorzeitigen Motordefekt gelegt.
Und was ist mit dem Motoröl?
Das Motoröl ist für den Bootsmotor in etwa so wichtig wie die Blutzirkulation für den menschlichen Körper. Schon wenige Sekunden ohne hinreichende Ölversorgung führen zu raschem Verschleiß und dann auch bald zum Ausfall des Motors. Das ist anscheinend allgemein bekannt und so werden die meisten Bootsmotoren recht sorgfältig dem Plan entsprechend mit frischem Schmieröl versorgt.

Würde der Ölwechsel nicht regelmäßig erfolgen, ergäbe sich ein anderes Schadensbild bei den Bootsmotoren. Natürlich kann es auch bei Bootsmotoren vorkommen, dass sich bei einer Inspektion am Ende des Peilstabs gar kein Öl findet, aber das ist doch ziemlich selten. Das bedeutet, dass es hier relativ wenig Verbesserungspotential gibt. Die Ansprüche unserer Bootsmotoren an das Öl sind eher gering, sodass auch die Verwendung spezieller Bootsmotorenöle nicht unbedingt erforderlich erscheint.

Fazit
Welche praktischen Konsequenzen sind nun zu ziehen, wenn man an seinem Bootsmotor länger Freude haben möchte? Zunächst einmal ist die Wartung ernst zu nehmen. Dabei gilt: Wichtiger als die genaue Einhaltung der Intervalle ist die Vollständigkeit der Arbeiten. Auch ein Ölwechsel zweimal im Jahr nützt nichts gegen die langsame Verschlammung des Kühlsystems, wenn niemals das Kühlmittel gewechselt wird. Dann ist die Seewassereinspritzung im Auge zu behalten. Da das Bauteil von innen nach außen durchrostet, ist ein vorsorglicher Austausch etwa alle zehn Jahre ratsam. In diesem Zuge kann es auch durchaus nicht schaden, einmal die Einbauanweisung des Motors und des Abgassammlers zu studieren und zu prüfen, ob die dort angegebenen vertikalen Abstände von Abgasaustritt, Wassersammler und Wasserlinie des Bootes eingehalten wurden – bei älteren gebrauchten Yachten ist das gerne ein Thema.
Der nächste Schritt wäre der Einbau zusätzlicher Überwachungsinstrumente. Als effektiv und recht preiswert hat sich eine Temperaturüberwachung des Abgases hinter der Seewassereinspritzung erwiesen. Für ein langes Motorleben ist auch eine gewisse Betriebsroutine zuträglich. Ein sauberer Motor in einem sauberen Motorraum lässt Unregelmäßigkeiten, insbesondere Undichtigkeiten, weit früher entdecken. Ob man nun tatsächlich täglich vor dem Start den Ölstand prüft, wie das in verschiedenen Betriebsanleitungen beschrieben wird, sei einmal dahingestellt; ein regelmäßiger, gründlicher Blick in den Motorraum ist aber in jedem Falle ratsam.

Zum Schluss sei noch auf die weit verbreitete Einschätzung eingegangen, nach der sich ein Bootsmotor „kaputtstehe“. Diese Formulierung ist nicht völlig falsch, aber doch ziemlich falsch. Sie legt die Fährte in die falsche Richtung. Man könnte ja aus dem Spruch schließen, dass es den Motoren an Bewegung fehlt – was aber nicht der Fall ist. Es ist nicht das Stehen, sondern die Korrosion, welche die Motoren schädigt beziehungsweise zerstört. Die Abhilfe besteht daher darin, sich mit den Teilen zu befassen, die mit Seewasser in Kontakt kommen, und dafür zu sorgen, dass bei der regelmäßigen Wartung nicht nur Teile des Motors, sondern alle Punkte der Wartungsliste abgearbeitet werden – also auch diejenigen, die nur alle zwei Jahre auf dem Plan stehen.




























