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Diplom-Ingenieur Julian Schüren ist Gründer und Inhaber der Firma SunWare Solartechnik und beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Konstruktion und Fertigung von Solarmodulen und Solar-Ladereglern für Salz- und Seewasseranwendungen.
Blauwassersegler benötigen viel Energie
Ob Weltumsegelung oder mehrmonatiger Blauwassertörn, wichtig für das Leben und Überleben an Bord ist die ausreichende und zuverlässige Stromversorgung. Die zahlreichen elektrischen Verbraucher wie beispielsweise Licht, Navigationsinstrumente, Kühlschrank, Bilgenpumpe oder Laptop bringen die Bordbatterien bei Langfahrten häufig an ihre Grenzen.
Es gibt verschiedene Lösungen, um den Strombedarf auf einer Fahrtenyacht zu decken. Fast immer kommt dabei auch eine Solaranlage zum Einsatz. Ist sie richtig dimensioniert, kann sie den kompletten Strombedarf decken und die Starter- und Verbraucherbatterie wie ein Generator laden.
Damit das alles so reibungslos klappt, wie es hier klingt, ist es wichtig zu verstehen, wie die einzelnen Komponenten einer Solaranlage funktionieren und wie der Strombedarf an Bord ermittelt wird. In diesem Beitrag möchte ich beides erläutern.
Die Komponenten einer Solaranlage
Eine Solaranlage besteht aus drei Komponenten: dem Solarmodul, dem Laderegler und den Batterien. Letztere sind in der Regel schon an Bord vorhanden.
Das Solarmodul
Ein Solarmodul wandelt Licht in Strom um. Je stärker die einfallende Lichtintensität ist, desto größer ist der erzeugte Strom. Der vom Modul erzeugte Strom wird zum Laden der Batterien verwendet. Dabei kann man sich eine Solaranlage wie ein normales Ladegerät vorstellen analog einer Lichtmaschine oder einem Generator. Allerdings gibt es den genannten Unterschied, dass die Höhe des Ladestroms immer von der Lichtintensität abhängt.
Mit anderen Worten: Sobald Licht auf das Solarmodul fällt, wird Strom erzeugt und die Batterie permanent mit einem mehr oder weniger großen Ladestrom geladen.
Zur Erhöhung des Ladestroms können mehrere Solarmodule – auch unterschiedlicher Größe – parallel geschaltet werden.
Zur Erhöhung der Ladespannung können mehrere Solarmodule – gleicher Größe – in Reihe geschaltet werden.
Der Laderegler
Der Laderegler wird zwischen dem Solarmodul/den Solarmodulen und der Batterie angeschlossen. Seine Aufgabe ist es, den Ladestrom zu regeln und die Batterie sicher vor einer Überladung oder einer zu tiefen Entladung zu schützen. Außerdem dient der Laderegler der Batteriepflege.
Je nach Aufbau des Ladereglers können auch zwei getrennte Batteriesysteme an einem Laderegler angeschlossen werden. Auf den meisten Blauwasseryachten ist das die Grundanforderung, da es dort immer eine Starterbatterie für den Motor und eine Verbraucherbatterie (auch Bordnetzbatterie genannt) für die einzelnen Verbraucher an Bord der Yacht gibt.
Wichtig zu verstehen ist, dass Solar-Laderegler die speziellen Eigenschaften von Solarmodulen ausnutzen und speziell dafür entwickelt wurden. Sie dürfen daher nicht als Laderegler für andere Stromquellen eingesetzt werden.
Die folgende Skizze zeigt den Aufbau und den elektrischen Anschluss eines Solarsystems auf dem Boot:
Wichtig: In der Literatur wird teilweise behauptet, dass man unter Umständen auf den Laderegler verzichten kann. Ich persönlich halte dies nicht für sinnvoll und empfehle ausdrücklich die Verwendung eines Ladereglers. Kommt es zu einer Überspannung, die ein Laderegler ausgeglichen hätte, ist der Schaden an der Batterie um ein Vielfaches höher als der Anschaffungspreis des Ladereglers.
Bedarfsermittlung und Dimensionierung der Solaranlage
Um eine zur Yacht und Anwendung passende Solaranlage zu planen, hat sich folgende Vorgehensweise bewährt: Im ersten Schritt wird der Bedarf ermittelt. Im zweiten Schritt wird abgeklärt, welche Leistung an welchem Standort denkbar ist, bevor im dritten und letzten Schritt der passende Modultyp ausgewählt wird. Nicht jedes Modul passt zu jedem Schiff.
Schritt 1: den Bedarf ermitteln
Um den Bedarf zu ermitteln, wird zunächst einmal der Ist-Zustandes des Bootes analysiert. Die erste Frage, die dabei im Raum steht, ist die Frage, wie groß die Versorger-Batteriebank ist. Die Größe – auch Kapazität genannt – wird in Amperestunden (Ah) angegeben.
Unter Batteriebank versteht man mehrere parallel miteinander verbundene Batterien bei einem System mit einer Spannung von 12 Volt. Wird das Bordnetz mit einer Spannung von 24 Volt betrieben, werden die Batterien in Reihe miteinander verbunden.
Wurde die Kapazität ermittelt, wird als nächstes analysiert, welche Verbraucher an dieser Batteriebank angeschlossen sind. Verbraucher mit einem hohen Energiebedarf sind beispielsweise der Kühlschrank, der Wassermacher oder der Autopilot und je nach System auch die Navigationsanlage (Plotter, AIS, Radar, GPS etc.).
Auf Basis der Verbraucher wird eine sogenannte Energiebilanz erstellt. Dabei werden die verschiedenen Tagesbedarfe aller Verbraucher an Bord addiert, um den täglichen Energieverbrauch zu ermitteln.
Hilfreich bei der Erstellung der Energiebilanz ist ein Online-Bedarfsrechner oder diese Mustertabelle.
Der tägliche Verbrauch im vorstehenden Beispiel beträgt 35,4 Ah oder 424,5 Wh. Demnach müsste die Solaranlage so dimensioniert werden, dass sie diesen Tagesbedarf decken kann. Damit das gelingt, müssen neben dem ermittelten Stromverbrauch auch die Kapazität der Batterie und die Lichteinstrahlung in Abhängigkeit von Jahreszeit und Region bedacht werden.
Schritt 2: das Revier berücksichtigen
Entscheidend für die Leistungsausbeute eines Solarmoduls ist die Menge und Intensität des eintreffenden Lichtes. Und diese wiederum hängen entscheidend davon ab, in welcher Region der Welt der Törn geplant ist. Dazu ein Beispiel: In der folgenden Grafik wurde die Leistungsausbeute in Abhängigkeit zweier Segelreviere gegenübergestellt. Verglichen werden Palma de Mallorca (Mittelmeer) und Kopenhagen (Ostsee).
Die Leistungsausbeute pro Tag an einem Standort kann bequem mit einem Online-Ertragsrechner ermittelt werden. Dabei wird für gewöhnlich eine horizontale Montage der Solarmodule ohne jegliche Teilabschattung als Basis genommen. Ein solcher Online-Ertragsrechner ist beispielsweise hier zu finden.
Aus der Berechnung ergibt sich also, welchen Tagesertrag ein Solarsystem erzeugen wird. Der Bedarfsrechner sollte so aufgebaut sein, dass dabei berücksichtigt wird, dass an einigen Tagen die Sonne mehr und an anderen weniger scheint (Monatsmittelwert).
Der Wert für den Ertrag stellt dann einen für die Praxis verwertbaren Mittelwert dar. An besonders schönen Tagen wird mehr, bei Regenwetter weniger Strom erzeugt. Diese Schwankungen müssen von der Batterie überbrückt werden. Deshalb ist in Verbindung mit Solaranlagen immer eine ausreichend groß dimensionierte Batterie notwendig. Häufig ist es sinnvoller, die Batteriekapazität zu erweitern als die Solaranlage zu vergrößern, um die Schwankungen in der Einstrahlung besser ausgleichen zu können.
Schritt 3: den Modultyp und den Montageort auswählen
Übliche Montageplätze auf Fahrtenyachten sind (siehe vorstehende Grafik):
1. Die feste Montage an Deck oder auf einem Hardtop durch Verkleben oder Verschrauben.
2. Die Befestigung auf dem Bimini, der Sprayhood oder auf dem Geräteträger.
3. Die mobile Anwendung an Deck – beispielsweise das Auslegen oder die Befestigung mit Tauen oder Tampen. In dem Fall erfolgt der Anschluss dann über eine 12-Volt-Steckdose ohne eine zusätzliche elektrische Montage.
Grundsätzlich kann ein Solarsystem auch aus einem Mix dieser drei Arten bestehen. An Bord der Yacht wäre dann ein Teil der Module fest an Deck montiert zur dauerhaften Ladung der Batterien. Zusätzlich könnten beim Aufenthalt an Bord, Module auf Bimini und/oder Sprayhood aufgeclipst werden und/oder mobile Solarmodule auf dem Deck ausgelegt oder mit Tauen befestigt werden.
Der Vorteil einer Montage auf dem Bimini ist eine deutlich geringere Abschattung als bei der Decksmontage.
Bei der mobilen Verwendung an Deck erfolgt die Befestigung normalerweise mit Tauen und Tampen. Der Vorteil der mobilen Verwendung ist eine perfekte Ausrichtung zur Sonne – auch bei niedrigem Sonnenstand.
Es gibt hierbei Module am Markt, die den Laderegler bereits enthalten und daher nur noch mittels eines Steckers über eine Steckdose mit dem Bordnetz verbunden werden müssen. Sobald sie eingesteckt wurden, beginnen sie die Batterie zu laden. Das sind sogenannte Plug-&-Play-Module. Einfacher geht es nicht.
Der Einfluss von Teilabschattung auf die Leistungsausbeute eines Solarmoduls
Um die optimale Leistungsabgabe zu erzielen, sollten Montageflächen für die Solarmodule ausgewählt werden, die möglichst selten abgeschattet werden. Auf keinen Fall sollten die Module unterhalb von Reling, Handlauf, Antennenhalterungen, Leinen und ähnlichem montiert werden, da je nach Art des Schattens erhebliche Leistungseinbußen entstehen können.
Dazu sei erklärt, dass ein Solarmodul aus mehreren Solarzellen besteht, die in Reihe verschaltet sind. Kommt es zu einer Verschattung einer einzelnen Zelle des Moduls oder eines Teilbereiches verändert sich die Leistungsabgabe des Solarmoduls sehr stark. Das gesamte Modul ist immer nur so leistungsstark wie die am schwächsten beleuchtete Solarzelle.
Dieser Effekt betrifft Solarmodule aller Hersteller, unabhängig ob Mono- oder Multikristallzellen verbaut sind. Auch Bypass-Dioden können diesen Effekt nicht verhindern. Die folgende Grafik zeigt den Leistungsabfall bei diversen Abschattungen.
Der Einfluss des Einfallwinkels auf die Leistungsausbeute eines Solarmoduls
Um die optimale Leistung aus einem Solarmodul herauszuholen, müsste die Sonne immer im rechten Winkel auf das Modul einfallen und auf alle Zellen des Moduls im gleichen Winkel treffen.
Natürlich kann man sich auf einem Boot alle erdenklichen Mechanismen einfallen lassen, um das Modul nach der Sonne zu führen. In der Praxis wird man diesen Aufwand wohl kaum betreiben wollen und können. Daher montieren die meisten Eigner die Solarmodule auf ebenen Flächen und nehmen den Leistungsverlust in Kauf.
Wichtig ist, dabei zu beachten, dass die Module bei der Montage nicht zu stark gekrümmt werden, damit alle Zellen des Moduls im gleichen Einfallswinkel von der Sonne beschienen werden. Ein um den Großbaum gewickeltes Solarmodul kann kaum Leistung erzeugen, wie die folgende Grafik zeigt.
Fazit
Für Blauwassersegler ist ein Solarmodul eine ideale Ergänzung zum bestehenden Energiemanagement an Bord. Die Solaranlage erzeugt Strom ohne Abgase und ohne laufenden Motor. Das bedeutet im Umkehrschluss: mehr genussvolles Ankern in stillen Buchten und weniger kostspielige Aufenthalte in teuren Marinas. Mehr noch: Solarstrom bedeutet Unabhängigkeit – insbesondere bei einer Langfahrt oder Weltumsegelung.
Weitere Infos zum Thema gibt es unter: www.sunware.de
Eigentlich ist das größte Problem auf Yachten der begrenzte Platz.
Die Suche von günstigen flexiblen Paneelen nach Abmessung ist kaum möglich.
Entscheidend sind gleiche Leerlaufspannung und die geometrischen Abmesseungen um den maximalen zur Verfügung stehenden Platz auszunutzen.
Die Paneele, die an demselben Laderegler angeschlossen sind müssen parallel geschaltet werden Verschattungseffekte zu reduzieren und das Ladegerät sollte auf die maximale Ausgangsspannung eingestellt sein um Leitungsverluste zur Batterie zu minimieren. Das BMS der Lithium Batterie sorgt dann dafür, dass die Batterie keinen Schaden nimmt.
Vielen Dank für die gute Darstellung. Ich habe für die vergangene saison erstmals ein flexibles Solarmordul für das Kajütdach mit Laderegler installiert, was sehr hilfreich war, zusätzlich auch für das Aufladen unsrer Handys über eine USB Steckdose. Bei der Demontage nach Saisonende hatte der Lack des Kajütdaches an einigen Stellen Blasen geworfen. War die Solarzelle (ecoworthy) nicht in Ordnung, oder muss man etwas drunterlegen?
Eine nicht hinterlüftete Rückseite des Moduls kann je nach Sonneneinstrahlung Temperaturen von 65Grad C oder mehr erreichen. Die Gründe sind die schwarze Fläche des Moduls und die schlechte Wärmeabführung im Modul. Zusätzlich enstehen auf Grund der hohen Modultemperaturen starke Leistungsverluste am Modul (ca. 0.45%/GradC) Hohe Temperaturen können auch zu einer Delaminierung der (vor allem flexiblen) Modulen führen. Einer drr Gründe sich die Anwendung von flexiblen Modulen gründlich zu überlegen.
Hallo Astrid, ich habe seit ein paar Wochen je ein flexibles 100W Modul an den Seiten hängen, einfach per Kabelbinder am oberen Relingsdraht. Selbst bei simpler senkrechter Ausrichtung kommt da schon einiges zusammen, immerhin gibt es keine Verschattung; mein Tages Rekord im Mai waren knapp über 610 Wh (Mittelmeer). Andererseits bekommt in der Regel nur eine Seite Sonne, und der Ertrag hängt auch sehr davon ab, welche Kurse man segeln. Dafür ist Hinterlüftung dann kein Problem. Das ganze steigert sich dann nochmal erheblich, wenn man die Panele ein wenig anwinkelt, ich habe mir erstmal mit längs zw. unterem Relingsdraht und… Mehr lesen »
Hallo, schön erklärt. Ich habe aber noch eine offene Frage: Auf meinem Boot eine Batteriebank, die aus 2 einzelnen 12V Batterien besteht und je nach Bedarf über einen Schalter parallel geschaltet oder getrennt, also einzeln genutzt, werden können. Ich benötige also einen MPPT Laderegler der 2 Ladeausgänge hat um die Batterien einzeln anzuschließen. Welches Produkt verwende ich dazu? Oder ist es besser die Solarmodule zu trennen und auch 2 getrennte MPPT Regler für die jeweilige Einzelbatterie zu verwenden? Vielen Dank für Ihre Mühe. Frank Balsen