Ein Beitrag von
Segelmacher bei der Kieler Segelmacherei Faber und Münker. Philipp ist langjähriger Ostsee- und Nordsee-Segler und unternimmt regelmäßig Touren mit seiner X-79. Darüber hinaus hat er an diversen Regatten teilgenommen – unter andrem am legendären Fastnet-Race oder der Atlantic Anniversary Regatta.
Welche Risse im Segel können repariert werden?
Die Segel einer Fahrtenyacht werden häufig genutzt – schließlich dienen sie der Fortbewegung des Schiffes 🙂 Dabei kommt es hin und wieder auch zu Schäden am Segel. Besonders ärgerlich sind dabei Risse im Segeltuch.
Große Risse sind mitunter gar nicht zu reparieren und bedürfen für gewöhnlich des fachkundigen Auges eines Segelmachers. Kleine Risse hingegen können oft mit Bordmitteln behoben werden. Das ist gut. So können wir das Segel weiter nutzen und die Reise zum nächsten Hafen unter Segeln fortsetzen. Insbesondere auf Langfahrt sind Reparaturen mit Bordmitteln von großer Relevanz.
Riss im Segel einer Fahrtenyacht
Es gibt drei Methoden, um einen Riss im Segel zu reparieren
Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Methoden, das Segel zu flicken. In diesem Beitrag geht es nur um die Segelreparatur mit Zweikomponenten-Kleber. In zwei weiteren Beiträgen zeige ich, wie eine Segelreparatur durch Nähen oder eine Segelreparatur mit selbstklebendem Tuch erreicht wird.
Mit der Schere werden die Fäden rund um den Riss im Segel entfernt.
Reparaturbereich reinigen
Darüber hinaus sollte der Reparaturbereich trocken, staub- und fettfrei sein. Ist das nicht der Fall, kann die Stelle mit Spiritus oder Waschbenzin gereinigt werden. Zur Not geht auch Vodka. Rum bitte nicht verwenden – er enthält Zucker!
Interessant ist, dass der Zwei-Komponenten-Kleber auch auf einem nassen bzw. salzigen Segel funktioniert. Das ist ein nicht unerheblicher Vorteil.
Segelreparatur mit Zweikomponenten-Kleber
Bei dieser Variante wird das Segel mit einem Zweikomponenten-Kleber auf Epoxid-Basis geklebt. Da es sich bei Epoxy um einen giftigen Werkstoff handelt, sollten Nitryl-Schutzhandschuhe getragen werden (Vinyl-Handschuhe lösen sich auf). Ein gängiges Produkt ist Dr. Sails. Wir haben es im Folgenden verwendet.
Unter die Reparaturstelle muss etwas gelegt werden, das mit Epoxy beschmutzt werden darf (beispielsweise ein Korkuntersetzer). Mit andern Worten: Die Reparatur sollte nicht direkt auf der Cockpitbank aus Teakdeck durchgeführt werden.
Diese Materialen werden benötigt.
Wichtig bei dieser Variante ist, darauf zu achten, dass die Fläche plan ist. Das Segel darf sich nicht verziehen. Das ist von Bedeutung, da die Klebestelle nicht korrigiert werden kann. Im ungünstigsten Fall kommt es sonst zu einer dauerhaften Faltenbildung im Segel. Man könnte sagen: Hier muss mit Gefühl gearbeitet werden. 🙂
Als Reparaturmaterial kommt ein altes Segeltuch infrage. Es gibt kein spezielles Flicken-Tuch in dem Sinne. Zur Not geht auch neues Tuch von der Rolle, dass man beim Segelmacher bekommen kann.
Bevor geklebt wird, muss die Webrichtung des Segels ermittelt werden, damit die Kräfte optimal in den Flicken eingeleitet werden. Der Flicken muss parallel zur Webrichtung laufen. Es ist nicht immer einfach, bei einem Segel zu erkennen, in welche Richtung die Webrichtung läuft. Hier kann sich mit einem Trick beholfen werden. Es wird ein spitzer Bleistift auf das Segel gesetzt und geguckt, in welche Richtung er geführt wird.
Stark vergrößerte Bleistiftlinie. Sie folgt der Webrichtung.
Vor allem bei Dacron-Tuch ist die Laufrichtung schwer zu erkennen. Dort liegen die Fäden alle im rechten Winkel zueinander und der Bleistift-Trick hilft, die Richtung zu finden. Bei Hydranet-Tuch, das auf Fahrtenyachten weit verbreitet ist, kann man das hingegen mit bloßem Auge erkennen.
Habe ich die Webrichtung des kaputten Segeltuches und des Flickens ermittelt, helfen zwei große Bleistiftkreuze. Eines auf dem Segel – eines auf dem Flicken. Die Ausrichtung muss unbedingt deckungsgleich sein!
Mit dem Kursdreieck können zwei Kanten angezeichnet werden und dann kann der Flicken ausgeschnitten werden. Er bekommt analog zum Reparieren mit Segeltape ebenfalls runde Ecken, die dem Radius einer Zwei-Euro-Münze folgen.
Im nächsten Schritt wird der potentielle Aufkleber ausgerichtet.
Dann wird die Kontur des Aufklebers auf das Segel gezeichnet.
Als letzter Schritt vor dem Kleben wird das Segel entlang der Kanten mit Tape abgeklebt. Dabei werden auch die runden Ecken berücksichtigt. So können später leichter Kleberrückstände entfernt werden.
Der Kleber selber befindet sich in einer Kunststofffolie, die aus zwei Kammern besteht. In der einen befindet sich das Harz – in der anderen der Härter. Das Material aus beiden Kammern wird gemischt und fleißig von der einen in die andere Kamera hin und her geschoben, damit das Verhältnis stimmt. Auch farblich muss es zu einer homogenen Masse werden. Man muss dabei nicht hetzen, sollte aber auch nicht ewig warten. Die Handling-Zeit beträgt etwa 4 Minuten. Wenn der Kleber hart wird, hat man zu lange gebraucht. 🙂
Zum Auftragen kann man gut eine Ecke der Kunststofffolie abschneiden (spätestens jetzt sollten die Handschuhe angezogen werden). Die Hülle funktioniert dann wie eine Spritze beim Backen und erlaubt eine gewisse Feindosierung.
Der Inhalt wird in Bahnen auf den Aufkleber aus Segeltuch aufgetragen.
Dann wird der Flicken aufgeklebt und mit einem Spachtel fest gestrichen (nicht zu fest aufdrücken und aufpassen, dass der Flicken dabei nicht verrutscht). Überschüssiges Klebe-Material wird nicht entfernt.
Nach 22 Minuten ist das Material laut Hersteller ausgehärtet und der überschüssige Kleber kann entfernt werden. Man kann ihn einfach abrubbeln oder abziehen.
Danach wird das Tape entfernt. Der Clou: Das Segel ist sofort wieder komplett einsatzbereit.
Hinweis: Das Klebematerial wird nicht hart. Das soll es ja auch nicht. Vielmehr bleibt das Material flexibel, was für die Eigenschaften eines Segels ja auch durchaus wichtig ist.
Abschließend sollte auf der Rückseite noch ein Streifen Segeltape aufgeklebt werden, damit sich an den ursprünglichen Riss-Kanten nichts verhaken kann. Das ist kein Muss, es wäre aber besser.
Fazit
Mit den vorstehend beschriebenen Maßnahmen kann auch der Laie mit Bordmitteln kleinere Risse im Segel unkompliziert kleben. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Stelle fett- und staubfrei ist und ich entsprechendes Reparaturmaterial an Bord habe. Dazu gehört im Wesentlichen Segeltuch und der erwähnte Zweikomponentenkleber. Im Idealfall wurde dann am Ende der Saison alles nicht benötigt, aber wie heißt es so schön: „Haben ist besser als brauchen!“
Hallo, sehr hilfreich. Nur habe icj noch nie solcch einen wrichbleibenden Kleber gesehen. Wo bekommt man ihn?