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Rainer Kugler ist seit 15 Jahren bei Wehring & Wolfes, Makler für Yachtversicherungen, beschäftigt und inzwischen Geschäftsführer im Unternehmen. Mit dem Beruf hat er auch die Liebe zum Wassersport entdeckt und über die Jahre zahlreiche Törns auf der Ostsee unternommen.
Wie funktioniert die Yacht-Haftpflichtversicherung?
Die meisten Wassersportler wissen: Eine Haftpflichtversicherung sollte man haben, sie kostet nicht viel und sichert mich ab, falls ich anderen Schäden zufüge. Aber nicht allen ist bewusst, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ich überhaupt zum Schadenersatz verpflichtet bin und wann meine Haftpflichtversicherung dann für mich einspringt. Dieser Aspekt soll im Folgenden beleuchtet werden.
Die Yacht-Haftpflichtversicherung schützt den Eigner eines Bootes vor den finanziellen Folgen von Schäden, die er anderen im Zusammenhang mit dem Gebrauch oder aus dem Halten seines Bootes zufügt und für die er nach gesetzlichen Bestimmungen zu Schadenersatz verpflichtet ist. Man teilt die möglichen Schadenarten in Sachschäden, Personenschäden oder Vermögensschäden ein.
Die Haftpflichtversicherung leistet also immer nur dann an einen geschädigten Dritten in Form einer Schadenersatzleistung, wenn der Versicherte gesetzlich zu Schadenersatz verpflichtet ist, also dann, wenn er aus geltendem Recht haften muss. Muss der Versicherte nach Recht und Gesetz nicht haften, so übernimmt die Haftpflichtversicherung die Abwehr von unberechtigten Ansprüchen bis hin zum Gerichtsprozess. Man nennt diese zweite Funktion der Haftpflichtversicherung auch passive Rechtsschutzfunktion.
Interessant ist, dass man nach den jeweiligen Haftungsnormen des Landes haftet, in dem man sich befindet. Also kann es sein, dass man in Spanien für etwas haftet, für das man in Deutschland unter Umständen nicht haftet. Es kommt immer auf das jeweilige Recht an, das zum Tragen kommt. Dieser Umstand ist auch der Grund, warum die Haftpflichtversicherung allgemein immer auf Basis der gesetzlichen Haftungsbestimmungen leistet. Genauer wird dies nie definiert, weil der Geltungsbereich in der Regel nicht eingeschränkt ist und sich Gesetze ja auch ändern können – der Versicherungsschutz soll trotzdem gegeben sein.
Verkürzt lässt sich also sagen, dass berechtigte Schadenersatzansprüche von Geschädigten durch eine gute Wassersport-Haftpflichtversicherung reguliert werden. Voraussetzung ist die gesetzliche Verpflichtung des Schädigers zu haften.
Die Deckungssumme bei der Haftpflichtversicherung für Yachten
Haftpflichtschäden können insbesondere, wenn Personen geschädigt werden, sehr teuer werden. Zum eigenen Schutz und nicht zuletzt zur Absicherung von Geschädigten sollte jeder Bootsbesitzer eine Haftpflichtversicherung mit ausreichend hoher Deckungssumme abschließen.
In Deutschland besteht keine Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, im Mittelmeerraum ist sie aber zumeist vorgeschrieben und muss mittels einer Versicherungsbestätigung vom Versicherer gegenüber Behörden, der Polizei und auch in vielen Marinas beim Check-in nachgewiesen werden.
Zusatzprodukte bei der Haftpflichtversicherung für Yachten
Viele Yacht-Haftpflichtversicherungen bieten weiterhin Mehrwerte in Form von Zusatzbausteinen, wie beispielsweise einer Skipper-Haftpflichtversicherung für geliehene oder gecharterte Boote. Diese Produkte sind auf die speziellen Bedürfnisse von Wassersportlern ausgerichtet und bieten häufig den besseren Schutz als beispielsweise eine Privathaftpflichtversicherung, die möglicherweise in engen Grenzen auch Wasserfahrzeuge miteinschließt.
Wann zahlt die Haftpflichtversicherung nicht?
Bisher habe ich recht stark betont, dass die Haftpflichtversicherung immer dann greift, wenn ich laut Gesetz dazu verpflichtet bin zu haften. Umgekehrt greift sie also nicht, wenn keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Dazu ein paar Beispiele für den deutschen Rechtsbereich:
Im Fall von Naturkatastrophen, Unwetter, Sturm und ähnlichen Ereignisse sind Schäden an der eigenen Yacht über eine gute Yacht-Kasko-Versicherung versichert. Kommt es infolge solcher Naturkatastrophen zu weiteren Schäden am Eigentum Dritter, weil sich beispielsweise mein Boot vom Steg löst, durch den Hafen treibt und andere Boote beschädigt, so trägt jeder geschädigte Eigner seinen Schaden am Boot in der Regel selbst.
Es sieht zwar zunächst so aus, als ob der Schuldige klar auszumachen wäre: nämlich der Eigner des losgerissenen Bootes. Jedoch haftet der Eigner des losgerissenen Bootes nur dann für Schäden am Gut Dritter, wenn ihm fahrlässiges oder schuldhaftes Handeln nachzuweisen ist. Hat er jedoch sein Boot ordnungsgemäß vertäut und keine groben Unterlassungen begangen, so ist er in Deutschland nach Recht und Gesetz nicht zum Schadenersatz verpflichtet. Dies regelt u.a. § 823 BGB. Man nennt diese Form der Haftung auch Verschuldenshaftung. Sie setzt also ein Verschulden voraus.
In dem hier beschriebenen Fall würde also die oben erwähnte zweite Funktion der Haftpflichtversicherung zum Tragen kommen: die Abwehr unberechtigter Ansprüche.
Ähnliches gilt für den Fall des Brandes. Während beim Brand einer Yacht in einer Marina in der Regel schnell klar ist, auf welcher Yacht das Feuer ausgebrochen ist, wird dies in einer Winterlagerhalle schon schwieriger. Wird in diesem Fall kein schuldiger Verursacher ermittelt, was meistens der Fall ist, trägt jeder Eigner den an seinem Boot entstandenen Schaden selbst. Gut, wenn man dann eine Yacht-Kaskoversicherung hat, die in solchen Fällen leistet.
Interessant ist auch folgender Fall: Ein Boot läuft unter Maschine in einen Hafen ein. Der Skipper will in gewohnter Weise Fahrt aus dem Schiff nehmen und das Boot sicher längsseits an einen Liegeplatz bringen. Beim Aufstoppen reißt allerdings der Bautenzug für die Getriebemechanik. Es lässt sich zwar Gas wegnehmen, aber der Vortrieb bleibt unverändert. Es dauert ein paar Sekunden, bis der Skipper die Situation erfasst. Als letztes Mittel könnte er noch die Maschine ausschalten, aber das dauert alles viel zu lange. Das Boot kann nicht mehr gebremst werden und kollidiert unsanft mit dem Heck einer vor dem Bug festgemachten anderen Yacht.
Die Frage, ob den Skipper hier ein Verschulden trifft und er damit nach deutschem Recht zu Schadenersatz am Boot des Unfallgegners verpflichtet ist, steht im Raum. Kann ihm für einen technischen Defekt die Schuld gegeben werden? Nur dann, wenn ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Das wäre der Fall, wenn er die Fehlfunktion selbst durch sein Tun hervorgerufen hat. Und hätte er die Kollision vermeiden können? Wahrscheinlich nicht. Ist er mit überhöhter Geschwindigkeit in den Hafen eigelaufen? Es sieht nicht danach aus … Es könnte in diesem Fall also sein, dass hier der geschädigte Bootsbesitzer seine eigene Kaskoversicherung bemühen muss, da dem Skipper kein schuldhaftes Handeln nachzuweisen ist.
Der Fall tritt sicherlich eher selten auf, ist aber nicht ganz realitätsfern. Was hier deutlich wird, ist, dass sich der Skipper ganz sicher nach diesem Unfall moralisch verpflichtet fühlt, dem geschädigten Eigner den entstandenen Schaden zu ersetzen. Er ist schließlich mit seinem Boot in den Unfallgegner hineingefahren. Seine Haftpflichtversicherung wird aber wahrscheinlich ganz sachlich unter Würdigung der rechtlichen Umstände prüfen, ob hier ein Schadenersatz zu leisten ist oder nicht.
Schwierig ist die Klärung der Schuldfrage auch im Zusammenhang mit Kollisionen von zwei in Fahrt befindlichen Yachten. Hier müssen alle Umstände und alle geltenden Regeln berücksichtigt werden. Jeder Skipper schildert die Ereignisse aus seiner Sicht. Nicht immer decken sich alle Aussagen der gegnerischen Parteien. Das ist letztendlich eine eigene, sehr komplexe Thematik. Verkürzt kann ich aber sagen, die Schuld liegt hier in der Regel bei beiden Kollisionsgegnern, die Frage ist dann nur noch die Verteilung der Schuld. Kommt es im Zuge von Regatten zu Kollisionen, werden häufig die Wettfahrtregeln zitiert und Ergebnisse von Protestverhandlungen hinzugezogen. Letztlich spielen diese für die Beurteilung der Schuldfrage jedoch keine belastbare Rolle, denn man haftet nach den gesetzlichen Bestimmungen.
Fazit
Die vorstehenden Zeilen zeigen auf, dass das Thema Haftpflichtversicherung im Segelsport nicht zu unterschätzen ist und jeder Eigner gut damit beraten ist, eine solche abzuschließen. Zum einen, weil bei Personenschäden sehr schnell sehr hohe Schadenansprüche entstehen können, die eine Privatperson durchaus in finanzielle Schwierigkeiten führen können. Zum anderen, weil es die Aufgabe der Haftpflichtversicherung ist, zu prüfen, ob überhaupt ein Verschulden besteht, und diese Verhandlung gegebenenfalls auch bis zum Gerichtsprozess im Sinne des Versicherungsnehmers zu führen. Über das dafür erforderliche Know-how verfügt eine Privatperson in der Regel nicht.
Umgekehrt zeigt die Thematik auch auf, dass Bootsbesitzer gut beraten sind, wenn sie sowohl eine Haftpflichtversicherung als auch eine Kaskoversicherung abgeschlossen haben. Die angesprochenen Fälle können schließlich auch andersherum eintreten. Wenn ich der Geschädigte bin und sich aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ergibt, dass mein Unfallgegner nicht zum Schadenersatz verpflichtet ist, möchte ich trotzdem, dass mein Schiff wieder instand gesetzt wird. In dem Fall würde der Schaden durch die Kaskoversicherung reguliert werden.
In diesem Sinne: Mast- und Schotbruch 🙂
Weiterführende Beratung
Eine weiterführende Beratung zu dieser recht komplexen Thematik kannst du hier bekommen:
Ahoi! In Zeiten wie diesen, wo App`s alles unter “Kontrolle” haben, da ist es gut richtig versichert zu sein. Aber: Wer kann schon gegen eine Versicherung was ausrichten, wenn die nicht will? Wer kann diese Polizzen richtig lesen und die “Fallstricke” richtig deuten? Ich denke kein Normalsterblicher, wenn wir Skipper zu aller Vorsicht, Sorgsamkeit dann irgend etwas falsches sagen, dann geht nichts mehr. Immer noch ist es bei einer Hilfe, wie schleppen oder helfen wichtiger zuerst einen Rechtsanwalt anzurufen um nichts falsch zu machen. Trotzdem bleibt eines und dies dürfen wir nicht außer Acht lassen: Genießen wir dieses Fahren mit… Mehr lesen »