Bordelektrik: Lange Messleitung fürs Multimeter bauen

Ein Beitrag von

Robert Möckel

Dr. Robert Möckel ist Ingenieur der Fachrichtung Schiffsmaschinenbau und im “zweiten Leben” Psychologe (M.Sc.). Nach einer Tätigkeit in einem Motoreninstandsetzungebetrieb hat er in diversen Lehrtätigkeiten Erfahrung in der Wissensvermittlung gesammelt und bietet Seminare zu technischen Themen auf Yachten an. Zusammen mit seiner Frau segelt er eine Dehler 35 SV, die in Flensburg beheimatet ist.

Die mitgelieferten Messleitungen von Multimetern sind unpraktisch im Bordgebrauch

Der größte Feind der Yachtelektrik ist der Kupferwurm, also die Korrosion an Kabeln und Kontakten, die zu langsam zunehmenden Übergangswiderständen und mitunter schwer lokalisierbaren Fehlern führt. Die direkte Messung von Widerständen ist aufgrund der Übergangswiderstände an den Prüfspitzen mit erheblichen Fehlern behaftet und beruht im Übrigen geräteintern auch wieder auf einer Spannungsmessung.

Für unsere Zwecke reicht ein ganz einfaches Multimeter, welches sich mitunter schon für etwa zehn Euro erwerben lässt. Für den Gebrauch an Bord ist es fraglich, ob die Zusatzfunktionen oder die verbesserte Genauigkeit teurerer Geräte überhaupt von Nutzen sind. Ich denke, man ist an Bord mit zwei billigen Geräten besser bedient als mit einem teuren – die Argumentation ist die gleiche wie bei anderem Werkzeug.

Ein günstiges Multimeter reicht für die Fehlersuche an Bord gut aus. ©Robert Möckel

Der Nachteil von Multimetern im Bordgebrauch sind die mitgelieferten Kabel mit Prüfspitzen. Diese orientieren sich eher am Einsatz in der Elektronik-Bastelecke oder im Schaltschrank. Bei den ganz günstigen Geräten sind sie aus eher widerspenstigen Kabeln gefertigt, aber auch die mitgelieferten Leitungen bei Geräten für den professionellen Gebrauch weisen üblicherweise einfache Messspitzen auf.

Bei diesem Gerät der Profiklasse werden zwar weichere Kabel mitgeliefert, insgesamt sind derartige Geräte für den Einsatz an Bord jedoch zu wertvoll und für die Jagd auf den Kupferwurm auch nicht erforderlich. ©Robert Möckel

Sollen an Bord Spannungsabfälle gemessen werden, so stellt man bald fest, dass diese Leitungen einerseits häufig zu kurz sind und andererseits jeweils eine Hand benötigt wird, welche sie mit einem gewissen Nachdruck auf die Kontaktstelle hält.

Prüfspitzen sind für den Einsatz zur Fehlersuche an Bord nicht immer gut geeignet, weil sie von Hand an die Kontaktstelle gehalten werden müssen. ©Robert Möckel

Glücklicherweise ist die Abhilfe recht einfach selbstständig herzustellen. Im Folgenden möchte ich zeigen, wie mit einfachen Mitteln eine praktische und robuste Messleitung für den Bordgebrauch hergestellt werden kann.

Eine Messleitung für den Bordgebrauch bauen

Nahezu alle Multimeter sind am Gerät mit Buchsen für handelsübliche Vier-Millimeter-Büschelstecker, im Volksmund auch Bananenstecker genannt, versehen. Daher kann eine für den Einsatz an Bord optimierte Messleistung recht leicht selbst gebaut werden.

Die Stecker für die Anschlussbuchsen an einem Multimeter können einfach nachbestellt werden. ©Robert Möckel

Benötigt werden:

  • Je ein Büschelstecker mit vier Millimeter Durchmesser mit roter und schwarzer Isolierhülle
  • Zwei Stücke Messleitung von jeweils etwa zwei Meter Länge, einmal mit roter und einmal mit schwarzer Silikonisolierung
  • Zwei Abgreifklemmen, vulgo Krokodilklemmen, eine mit roter und eine mit schwarzer Isolierhülle
Diese Messleitungen haben schon einige „Seemeilen im Kielwasser". Die Abgreifklemmen verdanken ihren „individuellen“ Farbton dem gelegentlichen Einsatz im Motorraum. ©Robert Möckel

Die richtigen Stecker für Messleitungen für den Einsatz an Bord

Die Büschelstecker gibt es in verschiedenen Qualitätsstufen. Die ganz preiswerten machen jedoch erfahrungsgemäß wenig Freude. Angesichts der Tatsache, dass hier nur zwei Stück benötigt werden, sollte man eher weiter oben ins Regal greifen.

Büschelstecker, die für sehr wenig Geld im Internet angeboten werden, sind für Messleitungen weniger geeignet. ©Robert Möckel

Ideal sind vergoldete Kontakte, die auch bei jahrelangem Einsatz in salziger Umgebung nicht korrodieren.

Dieses Kabel aus dem Laborbereich hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. ©Robert Möckel

Das silikonisolierte Kabel auf dem vorherigen Foto ist noch lehnig (wie geflochtenes Tauwerk) und weich, aber an den versilberten Steckern hat sich in den vielen Jahren doch ein wenig Patina gebildet.

An den versilberten Steckern ist die Patina gut zu erkennen. ©Robert Möckel

Leider helfen solche Kabel an Bord häufig nicht weiter, solange man keine Abgreifklemmen zum Aufstecken verwendet. Abgreifklemmen, gerne auch als Krokodilklemmen bezeichnet, werden mitunter sehr preiswert in verschiedenen Größen im Internet angeboten. Für unseren Zweck dürfen sie gerne etwas größer ausfallen.

Mit einer Abgreifklemme kann das Kabel später am Messpunkt fixiert werden. ©Robert Möckel

Die richtigen Kabel für Messleitungen für den Einsatz an Bord

Die Kabel sollten folgende Eigenschaften aufweisen:

  • Silikonisolierung: Dieses (oder ein geeignetes anderes Material) ist auch bei tieferen Temperaturen recht weich und gleichzeitig sehr temperaturbeständig. Zusammen mit den vielen feinen Adern des Leiters sorgt die weiche Isolierung dafür, dass sich ein solches Kabel eher lehnig anfühlt. Der praktische Nutzen besteht darin, dass ein flexibles Kabel weniger Kraft auf die Abgreifklemme am Ende ausübt und die Klemme daher weniger leicht von dem zu messenden Objekt abspringt.
  • Feindrähtig: Je feiner die einzelnen Drähte im Leiter sind, desto flexibler verhält sich das Kabel. Anzustreben ist, dass die einzelnen feinen Drähte auch verzinnt sind, was aber für jede Verkabelung an Bord gilt.
  • Rote und schwarze Farbe: Da sich die Farben rot und schwarz für den positiven und den negativen Pol in Kleinspannungs-Gleichstromsystemen, wie wir sie an Bord vorfinden, etabliert haben, bietet es sich an, diese Farben auch für die Messleitungen zu verwenden.

Der Querschnitt des Kabels ist für die Messung von Spannungsabfällen kaum von Bedeutung. Ein Voltmeter (oder Multimeter im Spannungsmessbereich) hat einen sehr hohen Innenwiderstand, sodass ohnehin nur ein sehr kleiner Strom fließt. Dies ist, nebenbei bemerkt, auch der Grund, warum bei einer Spannungsmessung ohne große Sorge in der Bordinstallation gemessen werden kann: Der hohe Innenwiderstand sorgt dafür, dass die Stromstärke durch unser Messgerät so gering ist, dass sie verglichen mit den Stromstärken in den Leitungen zu den einzelnen Verbrauchern nicht ins Gewicht fällt.

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Messleitungen, wie sie bei den bekannten Elektronik-Versandhändlern angeboten werden, haben typischerweise einen Querschnitt von einem Quadratmillimeter (mm²). Ist die Ware eher für den nordamerikanischen Markt produziert, so ist eine Stärke von 16 „American Wire Gauge“ (AWG) mehr als ausreichend. Das entspricht etwa 1,3 mm². Dünnere Kabel sind aus elektrischer Sicht für die Spannungsmessung kein Problem, bieten jedoch bei der praktischen Handhabung Nachteile („Fitzelkram“).

Hier werden jeweils zehn Meter roter und schwarzer Messleitung gemeinsam geliefert. ©Robert Möckel

Zunächst werden die Kabel entsprechend den eigenen Wünschen abgelängt. Prinzipiell ist die Wahl der Kabellänge frei, da ja der Widerstand der Kabel selbst für unsere Messung keine wahrnehmbare Rolle spielt. Allerdings ist die Devise „viel hilft viel“ auch nicht zielführend; wie es der Segler von Leinen an Bord kennt, nimmt die Tendenz der Kabel, sich in Schlaufen zu legen und einen Wuhling zu produzieren, mit der Länge rasch zu. Ich habe gute Erfahrungen mit einer Länge von zwei Metern gemacht. Theoretisch sind damit Messpunkte zu erreichen, die bis zu vier Meter auseinanderliegen – vorausgesetzt, das Messgerät befindet sich genau in der Mitte.

Ideal zum Ablängen der Kabel ist eine richtige Kabelschere, ein Seitenschneider tut es bei dem kleinen Querschnitt der hier betrachteten Leiter jedoch auch. ©Robert Möckel

Danach werden die Kabel an beiden Enden abisoliert. Für die in diesem Beispiel verwendeten Büschelstecker wurde die Abisolierzange auf sechs Millimeter eingestellt.

Bei dieser automatischen Abisolierzange sind neben der Einstellung des Längenanschlags keine weiteren Justierungen erforderlich. ©Robert Möckel

Kabel und Stecker verbinden

Generell sind Lötverbindungen an Bord zu vermeiden, weil sie aufgrund der dauerhaften Vibrationsbelastung brechen können. Das trifft aber nicht auf eine Messleistung zu.

Hier bietet sich die Lötverbindung an. ©Robert Möckel

Alternativ werden auch Büschelstecker für einen Schraubanschluss angeboten. Der von mir verwendete Büschelstecker ist mit einem Lötanschluss ausgestattet. Die Bohrung begrenzt den möglichen Kabelquerschnitt auf etwa einen Millimeter.

Nachdem das abisolierte Ende des Kabels in die Bohrung des Steckers eingeführt ist, kann der Leiter verlötet werden. ©Robert Möckel

Nachdem die Lötstelle ein wenig abgekühlt ist, kann die Isolierhülle des Büschelsteckers über das Innere geschoben werden.

Die Isolierhülle des Büschelsteckers von der Kabelseite aufschieben. ©Robert Möckel

Doch Achtung: Nicht zu weit nach vorne schieben.

Hier ist die rote Isolierhülle des Büschelsteckers augenscheinlich schon ein wenig zu weit nach vorne geschoben worden. ©Robert Möckel

Nun ist das andere Ende des Kabels an der Reihe. Die Isolierhülle der Abgreifklemme kann leicht abgezogen werden und muss dann über das Kabel geschoben werden, denn am anderen Ende ist ja schon der Büschelstecker befestigt.

Die Isolierhülle der Abgreifklemme abziehen und auf das Kabel stecken. ©Robert Möckel

Das abisolierte Kabelende wird zunächst verzinnt. Dabei sollte man bei dem Büschelstecker eher sparsam agieren und keinen Tropfen aus Lot produzieren, weil das verzinnte Ende sonst nicht in die Bohrung am Stecker passt. Bei der Abgreifklemme ist dies weniger kritisch.

Vor dem Befestigen an der Klemme das Kabel verzinnen. ©Robert Möckel

Bei dieser (eher preiswerten) Version der Abgreifklemme werden zunächst die beiden Laschen mit Hilfe einer eher feinen Zange zugebogen, sodass diese die Isolierung festhalten.

Die Laschen halten das Kabel schon mal in der Klemme. ©Robert Möckel

Nun kann das vorher schon verzinnte Kabelende mit der Klemme verlötet werden. Danach wird die Isolierhülle über die verlötete Klemme geschoben.

Für einen zuverlässigen Kontakt muss das Kabel mit der Klemme verlötet werden. ©Robert Möckel
So sieht dann das Ergebnis aus. ©Robert Möckel
Hier zu sehen ist ein Exemplar von zwei Metern Länge. ©Robert Möckel

Das fertige Kabel lässt sich aufgrund des weichen Materials leicht aufwickeln und mit den Abgreifklemmen an den Messpunkten befestigen.

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Fazit

Spannungsabfälle gehören an Bord leider zum Alltag. Die feuchte und salzige Umgebung begünstigt die Korrosion an Kabeln und Kontakten. Um dem „Kupferwurm“ auf die Schliche zu kommen, reicht ein einfaches Multimeter. Ergänzt durch die hier beschriebene Messleitung wird die Fehlersuche nicht nur deutlich vereinfacht, sondern auch wesentlich zuverlässiger.

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RK
RK
5 Tagen her

Hallo!
Ich kenne das so, schon Anfang der 90-er, dass alle Verbindungen (Schaltschrankbau für die Schifffahrt) gekrimpt werden mussten, weil sich herausgestellt hatte, dass Lötstellen mit der Zeit Wackelkontakte haben konnten.
Hat sich etwas geändert in den letzten Jahren diesbezüglich?
Beste sportlichen Grüße,
RK