Wann ist der richtige Zeitpunkt, die Batterien zu laden?

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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

Energielieferanten auf Blauwasseryachten

Wer auf Langfahrt oder Weltumsegelung geht, ist energietechnisch autark. Durch verschiedene Systeme wird Energie geliefert und in der Batterie gespeichert. Weit verbreitet sind neben der auf dem Schiff standardmäßig verbauten Lichtmaschine, Diesel-, Wind- und Wassergeneratoren sowie Solarzellen. Brennstoffzellen hingegen kommen auf Blauwasseryachten bisher nur vereinzelt zum Einsatz.

Liefert Strom auf Knopfdruck: der Dieselgenerator ©Sönke Roever

Während ich bei regenerativen Energielieferanten, wie etwa dem Windgenerator oder den Solarzellen, nicht in der Hand habe, wann Energie geliefert wird, kann ich bei anderen Systemen selber entscheiden, wann die Batterie geladen wird. Das wirft die Frage auf, ob es einen richtigen Zeitpunkt gibt, um die Batterien zu laden. Lasse ich beispielsweise den Generator nur dann laufen, wenn die Batterien ziemlich leer sind, oder immer dann, wenn es gerade passt?

Wann ist es sinnvoll, die Batterien auf Weltumsegelung zu laden?

Rechnerisch gesehen ist der beste Zeitpunkt zum gezielten Laden der Akkus erreicht, wenn die Batterien schon recht leer sind. In diesem Zustand können sie am meisten Energie aufnehmen.

Dazu ein Beispiel: Wurden einer Batteriebank mit 500 Ah 100 Ah entnommen, enthält sie noch 400 Ah. Jetzt könnte man denken, dass mit einer Lichtmaschine, die 50 A Strom liefert, die Wiederaufladung in 2 Stunden erfolgt. Leider stimmt das nicht, da das Laden einer Batterie kein linearer Prozess ist. Vielmehr ist es so: Je voller eine Batterie ist, desto weniger Strom nimmt sie an. Das kann man sich wie bei einem Parkplatz mit Autos vorstellen: Exemplarisch hat er 500 Plätze. Die ersten Fahrzeuge finden auf dem zunächst leeren Parkplatz sehr schnell einen Platz. Die letzten 100 Wagen haben es schon schwerer. Zwar ist immer noch ein Fünftel der Plätze frei, aber sie zu finden, dauert einen Moment. Besonders schwer haben es die letzten zehn Autos — bei ihnen wird es recht lange dauern, bis sie einen Platz gefunden und eingeparkt haben. Bei einer Batterie verhält es sich genauso. Je voller sie wird, desto langsamer erfolgt die Ladung, weil sinnbildlich übertragen die Energie recht lange braucht, um die letzten freien Speicherplätze zu finden.

Je voller die Batterie ist, desto weniger Strom fließt hinein. ©Sönke Roever

Für eine längere Passage auf einer Weltumsegelung an Bord einer Blauwasseryacht bedeutet dies, dass es eigentlich am besten wäre, die Batterien dann zu laden, wenn sie quasi leer sind. Das würde schön schnell gehen und die Ladegeräte müssten nur kurz eingeschaltet werden (Fall 1 – in der Grafik). Das wiederum mögen die Batterien nicht so gerne. Vielmehr brauchen die Akkus Pflege und dazu gehört auch, sie regelmäßig randvoll zu laden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das Laden sehr lange dauert, da, wie geschildert, nahezu volle Batterien nur noch sehr langsam Energie aufnehmen (Fall 2 – in der Grafik).

Was hat sich auf Blauwasseryachten bewährt?

Vor dem Hintergrund hat sich auf Langfahrtyachten folgendes Vorgehen bewährt: Das Ablegen erfolgt idealerweise mit 100 Prozent gefüllten Batterien. Sinkt der Füllstand der Batteriebank im weiteren Törnverlauf auf unter 70 Prozent, wird sie wieder bis auf 90 Prozent aufgeladen. Damit ist sie nie ganz voll, aber auch nie ganz leer. Durch diesen Mittelweg halten sich die Ladezeiten einigermaßen im Rahmen (Fall 3 – in der Grafik).

Natürlich ist das ein sehr pragmatischer Ansatz und er kann auf Dauer dazu führen, dass es bei der Batterie zu Kapazitätsverlusten kommt. Sofern man es damit nicht übertreibt, können sie jedoch wiedergewonnen oder gar vermieden werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Batterien einmal pro Monat über viele Stunden lang geladen werden. Auch wenn dieser Vorgang auf einer autarken Segelyacht fernab von Marinas recht lange dauert, lohnt sich der Aufwand. Natürlich macht es keinen Spaß, wenn stundenlang die Maschine läuft oder der Generator vor sich hin juckelt. Die Batteriebank an Bord wird es uns allerdings danken.

Flauten haben etwas Gutes, wenn man sie nutzt, um die Batterien voll zu laden. ©Sönke Roever

Besonders geeignet zum langen Laden der Batterien sind Flauten. Natürlich sind Flauten nervig – schließlich wollen wir Segeln –, aber sie haben auch etwas Gutes, wenn man sie nutzt und in der Zeit den Motor anschmeißt, um die Batterien mal wieder richtig voll zu laden.

Woran erkennt man den Füllstand der Batterie?

So weit, so gut. Eine Frage bleibt noch offen: Woher wissen wir eigentlich, wann der Füllstand der Batterie bei 70 Prozent liegt? Dafür wird ein sogenannter Batteriemanager benötigt. Das ist ein Gerät, das auf einem Display analog zu einer Tankanzeige bei einem Auto den aktuellen Verbrauch und den Füllstand anzeigt. Auf dem folgenden Foto ist ein Batteriemanager zu sehen. Die Spannung beträgt 12,4 Volt, der Entnahmestrom 7,4 Ampere und der Füllstand der Batterie 98 Prozent.

Batteriemanager-Anzeige ©Sönke Roever

Um dies zu ermitteln, wird an der Batteriebank ein Widerstand (Shunt) angeschlossen, der alle Lade- und Entladeströme mitschreibt. Bezogen auf das Bild mit dem Parkplatz bedeutet dies: An Ein- und Ausfahrt zum Parkplatz stehen Wächter. Sie zählen jedes Fahrzeug, das einfährt, und jedes Fahrzeug, das wieder ausfährt. Damit können sie uns immer sagen, wie viele Autos gerade auf dem Parkplatz sind bzw. wie voll er prozentual ist.

Über den Shunt werden Lade- und Entladeströme gemessen. ©Sönke Roever

Einziger Haken: Mit der Zeit lässt die Konzentration der Wächter nach und der Wert stimmt nur noch ungefähr. Daher sollte das Gerät nach jeder langen Ladeperiode zurückgesetzt werden und der Wert wieder auf 100 Prozent gestellt werden. Hochwertige Geräte machen dies automatisch, wenn die Spannung an der Batterie einen bestimmten Wert erreicht und der Ladestrom zeitgleich unter einen festgelegten Wert sinkt. Dann gilt die Batterie als vollständig geladen.

Fazit

Es ist kein Hexenwerk, die Batterien zu pflegen und zu laden. Allerdings sollten die vorstehenden Hinweise beachtet werden. Wer seine Batterie immer nur dann lädt, wenn sie fast ganz leer ist, wird auf Dauer keine Freude mit ihr haben. Wer hingegen die Batterie zu früh lädt, wird früher oder später von den langen Ladezeiten genervt sein, auch wenn das die Batterie grundsätzlich pflegt. Die Wahrheit liegt folglich dazwischen – vorausgesetzt, die Batterien werden einmal im Monat richtig gepflegt und bis zum Limit vollgeladen.

Wir haben es mit unseren AGM-Batterien während der Weltumsegelung genauso gehandhabt und 12 Jahre lang an ihnen Freude gehabt.

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