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Jonathan besegelte zusammen mit seiner Frau Claudia von 2013 bis 2019 die Welt. Sie ließen 25.000 Seemeilen im Kielwasser und befuhren ganze drei Jahre lang ihr Traumrevier: den Pazifik. Neben der klassischen Barfußroute besuchten sie vor allem auch abgelegenere Ziele wie die Osterinsel, die Tuamotus, Kiribati, Tuvalu und die Marshallinseln. 2023 veröffentlichten sie das Buch über ihre Reise „Sieben Farben Blau“. Jonathan arbeitet als Journalist rund um das Thema Segeln und Reisen und ist Referent und Organisator verschiedener Seminare und Vorträge. Seit 2020 ist Jonathan Mitglied der BLAUWASSER.DE-Redaktion.
Titelfoto: ©Jonathan Buttman
Vom Ankern in Atollen geht ein unglaublicher Reiz aus
Wer träumt nicht davon, einmal ein Südseeatoll zu besegeln? Unberührte Natur abseits der Touristenströme, glasklares Wasser voller Fische und Korallen in allen Farben, umrahmt von Palmenstränden, eingebettet in eine einzigartige Topografie.
Uns fasziniert es immer wieder, in ein Südseeatoll einzulaufen. Es ist schon etwas Besonderes, wenn nach Tagen auf See plötzlich mitten in den Weiten des Pazifiks, umgeben von Wassertiefen von mehreren tausend Metern, wie aus dem Nichts ein Ring aus palmenbewachsenen Korallen emporsteigt.
Wer in eine der oft in allen Blautönen schimmernden Lagunen einbiegt, lässt Seegang und Dünung draußen und wird mit dem Gefühl belohnt, in einer gewaltigen Badewanne mitten im pazifischen Ozean unterwegs zu sein.
Das klingt paradiesisch und das ist es auch – keine Frage. Für uns Blauwassersegler birgt es aber auch ein paar Herausforderungen, die es zu beachten gilt, um diese kleinen Paradiese möglichst unbeschadet zu genießen und auch deren äußerst fragiles Ökosystem zu schützen.
Ein zum Ankern geeignetes Atoll finden
Ein Atoll ist vulkanischen Ursprungs. Wenn es zu einem Ausbruch kommt, ragt für gewöhnlich ein Vulkankegel aus dem Ozean. Um den Kegel herum bilden sich ringförmig Korallenriffe. Über Millionen von Jahre sinken die Kegel der Vulkane langsam ab, während die Korallen weiterwachsen und bleiben. Auf diesen Ringen können dann Sandbänke und kleine Inseln entstehen und in der Mitte des Ringes bildet sich über dem abgesackten Vulkankegel eine Lagune. Ein Atoll ist geboren.
Die Grundvoraussetzung für das Einlaufen in so ein Atoll ist natürlich, dass es eine Durchfahrt durch den Ring mit ausreichender Breite und Tiefe gibt – den sogenannten Pass. Er ist keine Selbstverständlichkeit, daher müssen wir zunächst die Seekarten nach einem Atoll mit einem schiffbaren Pass absuchen. Viele Kartenangaben im Pazifik stammen leider immer noch aus dem 19. Jahrhundert und werden nur langsam aktualisiert, weshalb die Daten nicht immer valide sind.
Wir haben auf unserer Reise durch die weitläufige Atoll-Welt der Tuamotus in Französisch-Polynesien gute Erfahrungen mit den Karten von Navionics gemacht, aber auch hier gab es hin und wieder einen Versatz oder die Tiefen stimmten nicht. Die Position von Korallenköpfen in den Karten ist generell mit Vorsicht zu genießen. Oft existieren sie nicht oder, noch schlimmer, es gibt mehr davon oder sie befinden sich an einem anderen Ort als angegeben.
Grundsätzlich gleichen wir vor dem Einlaufen in ein uns unbekanntes Atoll zuvor unsere Seekarten mit den Sattelitenbildern von Google oder Bing ab (wie das funktioniert, steht hier). Sowohl die Position des Passes, die Wassertiefen als auch die Untiefen lassen sich darin in höheren Auflösungen gut erkennen. Auch für die Weiterfahrt in der Lagune und das Finden eines geeigneten Ankerplatzes sind diese Daten extrem hilfreich.
Tipp: Mittlerweile gibt es auch Möglichkeiten, die Satellitenbilder von Google in die freie Seekartensoftware OpenCPN zu integrieren, so können wir die Bilder komfortabel wie eine Seekarte nutzen und in Kombination mit unserem GPS darin navigieren. Mehr noch: Wir können auch entsprechend Wegpunkte anlegen und die Route planen.
Die Planung der Einfahrt in den Atoll-Pass
Haben wir ein Atoll gefunden und den Pass gewählt, versuchen wir immer, so viele Erfahrungen wie möglich einzusammeln. Viele Blauwassersegler teilen ihr Wissen gerne im Internet und geben Tipps, nicht selten auch in Form von Wegpunkten oder GPS-Tracks.
In einigen Fällen kann es passieren, dass keine Informationen zu bekommen sind oder die Satellitenbilder ungenügend aufgelöst oder von Wolken überlagert sind. Dann hilft nur Nachschauen. Was spricht dagegen, den Pass zunächst einmal bei ruhigem Wetter mit dem Dingi zu erkunden – sofern dieses ausreichend motorisiert ist? Wir kennen auch einige Segler, die neue Pässe zunächst mit einer Drohne abfliegen.
Klingt das übertrieben? Schließlich könnte man ja auch einfach mit der eigenen Yacht langsam in den Pass reinfahren und sich langsam vorantasten? Das ist jedoch keine gute Idee! In so einem Pass können erhebliche Strömungen auftreten, die ein Aufstoppen oder das Umkehren äußerst schwierig machen! Folglich muss beim „Inspizieren“ des Passes auch aufgepasst werden, dass man der Strömung nicht zu nahekommt und ohne es zu wollen einfach in den Pass reingesaugt wird!
Die Strömung im Atoll-Pass
Damit sind wir bei der nächsten Frage: Wann können wir in den Pass einfahren? Wenn wir bei dem Bild mit der Badewanne bleiben, wirkt so ein Pass wie der Abfluss oder Einlass derselbigen. Die Lagune läuft mit dem Flutstrom voll und mit dem Ebbstrom wieder leer. Dabei ist der Pass das Nadelöhr und es kann eine starke Strömung entstehen.
Während unserer Reise durch die Südsee sahen wir uns in Atoll-Pässen mit Strömungen von bis zu fünf Knoten konfrontiert. Andere Blauwassersegler berichteten gar von über acht Knoten. Da wird es dann schwierig gegenan zu motoren! Am logischsten scheint es mit der Strömung in ein Atoll rein- oder rauszusausen, was übrigens auch ziemlich viel Spaß macht. Das sollte aber nur dann gewagt werden, wenn die lokalen Begebenheiten bekannt sind!
Am sichersten ist es, bei gar keiner Strömung einzufahren, also am Übergang zwischen einlaufendem und auslaufendem Wasser oder umgekehrt. Unter den Seglern und in den Revierführern wird dieser Zeitpunkt „Slack Tide“ oder „Slack Water“ genannt.
Der Zeitpunkt der Slack Tide ist nicht leicht zu ermitteln, mit dem aus der Nordsee bekannten Stau- oder Stillwasser zu Ebbe oder Flut ist er nicht zu vergleichen. Er ist auch tidenabhängig, aber neben dem Stand von Mond und Sonne beeinflussen auch noch andere Faktoren den Zeitpunkt der Slack Tide. Das sind: die physikalische Breite, die geographische Lage (Himmelsrichtung) des Passes, die Größe des Atolls, die Anzahl der Zu- und Abflüsse sowie die Wind- und Wellenbedingungen außerhalb des Atolls.
Was also tun? Wie können wir zumindest ein wenig einschätzen, was uns erwartet? Gezeiten lassen sich im Pazifik trotz recht spärlicher Bezugspunkte einigermaßen genau ermitteln. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wird die Slack Tide bei nicht zu wildem Wetter zeitlich gesehen zumindest in der Nähe von Hoch- oder Niedrigwasser sein.
Auch anhand der Topografie des Atolls lässt sich einiges einschätzen. Grob gesagt gilt: Je breiter und tiefer die Durchfahrt in ein Atoll ist, desto schwächer ist die Strömung.
Der Einfluss von Wind und Welle auf die Passdurchfahrt in ein Atoll
Insbesondere die Wind- und Wellenbedingungen können die Strömungsbedingungen erheblich beeinflussen. Viele Atolle sind auf der der vorherrschenden Windrichtung zugewandten Seite recht niedrig und haben dort kleinere, flache Durchbrüche.
Weht der Wind mehrere Tage mit Stärken oberhalb der fünf Beaufort aus derselben Richtung, folgen ihm die Wellen und sie kommen ebenfalls aus dieser Richtung. Außerdem hat sich dann Seegang und Dünung aufgebaut. Mit jeder Welle wird das Atoll dann zusätzlich nach und nach von außen mit Wasser aufgefüllt. Diese ständige Wasserzufuhr kann den Zeitpunkt der Slack Tide deutlich verschieben. Das hat auch Einfluss auf die Stärke der Strömung und in einigen Atollen führt es sogar dazu, dass das Wasser gar nicht mehr in die Lagune hinein-, sondern nur noch aus ihr herausströmt.
Generell ist es einfacher und sicherer, ein Atoll nur bei ruhigen Bedingungen anzulaufen. Der Wind sollte diesbezüglich 15 Knoten nicht überschreiten und die Wellen sollten nicht höher als eineinhalb Meter sein. Bei solchen Bedingungen kann man fast immer in ein Atoll einlaufen und muss nur den Tidenstrom im Pass überwinden.
Achtung! Niemals in ein Atoll ein- oder auslaufen, wenn kräftiger Wind gegen die Strömung steht. Dann können sich je nach Strom- und Windstärke ziemlich gefährliche Verwirbelungen und stehende Wellen aufbauen! Auch sind bei auflandigem Wind Grundseen und Brecher möglich.
Leider können wir uns die Wind- und Wellenbedingungen nicht immer aussuchen – beispielsweise nach einer längeren Überfahrt. Weht der Wind stärker, sollten wir, wie bereits erwähnt, auf jeden Fall vermeiden in den Pass einzulaufen, wenn der Wind gegen den Strom bläst. Dabei gilt: Ist der Pass auf der windzugewandten Seite des Atolls, haben wir logischerweise bei ablaufendem Wasser eine Wind-gegen-Strom-Situation. Ist der Pass auf der windabgewandten Seite des Atolls, kann es bei einlaufendem Wasser auch in der Lagune ungemütlich werden. Dennoch ist das die bessere Variante.
Gefährliche Bedingungen lassen sich übrigens recht gut anhand der Wellen, Verwirbelungen und Schaumkronen durch ein Fernglas erkennen. Sind sie zu stark, muss man eben warten, bis die Strömung kippt, weil sich dann die Bedingungen meistens schlagartig ändern. Oft ist man nicht die einzige Yacht vor dem Pass, eine gute Gelegenheit, sich auf Seefunk auszutauschen, vielleicht haben die anderen ja noch mehr Informationen?!
Die Fahrt durch den Pass in das Atoll
Wenn wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und der Pass gut aussieht, können wir einfahren. Dabei sollten die folgenden Punkte beachtet werden:
Egal, wie optimal die Bedingungen aussehen, es sollten immer alle Luken geschlossen werden, da auch mal kurzzeitig Gischt über das Schiff fliegen kann. Außerdem wird mit laufender Maschine durch den Pass gefahren, so kann man schnell auf mögliche Gefahren reagieren. Wenn die Strömung mitläuft, wird trotzdem mit dem Motor zusätzliche Fahrt voraus gemacht, damit das Ruder weiter angeströmt wird und entsprechend auch eine Steuerwirkung hat.
Ist mit Gegenstrom zu rechnen, ist es ratsam, den Motor vor der Passage durch den Pass in das Atoll erst einmal warmlaufen zu lassen. Durch einige Pässe in der Südsee mussten wir mit Vollgas fahren, kein kalter Motor mag das!
Neben dem Motor lassen wir oft noch ein bisschen Segel stehen, oder sind zumindest klar, eines zu setzen, so können wir auch dann reagieren, wenn der Motor ausfällt.
Im Pass besetzen wir einen Ausguck. Einer von uns geht in den Bugkorb und gibt Handzeichen, um trotz lärmendem Motor und/oder pfeifendem Wind kommunizieren zu können. Wir haben für uns diesbezüglich ein eigenes System entwickelt. So erkennen wir rechtzeitig, wenn wir dem Riff oder einer anderen Untiefe zu nahekommen. Augapfelnavigation ist im Pass und auch weiter drinnen im Atoll weiterhin wichtig, um hinderliche Korallenköpfe zu entdecken. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.
Wichtig: Niemals bei Dunkelheit oder schlechten Lichtverhältnissen in die Pässe fahren! Das ist lebensgefährlich.
Navigation in der Lagune des Atolls
Ok, wir sind drin! Vor uns erstreckt sich die türkisblaue Lagune, die Palmen wiegen sich am Ufer und Strömung und Wellen haben sich beruhigt. Durchatmen ist angesagt, doch aufgepasst, auch hier verbergen sich so einige Gefahren!
Viele Lagunen sind gespickt mit kleinen Riffen, Sandbänken und Korallenköpfen. Auch diese sind oft gut auf den Satellitenkarten auszumachen, die sicherste Methode ist aber immer noch die Augapfelnavigation. Das heißt, mindestens ein Crewmitglied hält konsequent Ausguck und steht im Kontakt mit dem Steuermann.
In den vielen Handbüchern wird empfohlen, eine Person zum Ausguck in eine erhöhte Position, am besten sogar in den Mast, zu schicken – zum Beispiel auf die erste Saling. Das ergibt Sinn, da wir von dort oben einen weiteren Blick und einen besseren Winkel zum Wasser haben. Für uns war der Bugkorb aber immer ausreichend. Das System ist einfach, der Ausguck warnt den Steuermann und gibt ihm am besten per Handzeichen noch die Richtung zum Ausweichen vor.
Tipp: Polarisierte Sonnenbrillen verbessern den Blick ins Wasser enorm.
Grundsätzlich sollte bei der Augapfelnavigation auf den Stand der Sonne geachtet werden. Steht die Sonne zu flach oder, noch schlechter, scheint sie gar von vorne, kann so gut wie gar nichts unter Wasser erkannt werden. Dann muss gegebenenfalls ein Ankerstopp eingelegt und die Weiterfahrt verschoben werden. Die beste Sicht besteht bei möglichst hohem Sonnenstand oder wenn die Sonne im Rücken steht.
Hindernisse erkennen wir an der Farbe des Wassers, vorausgesetzt natürlich das Wasser ist klar genug. Hier gilt der alte englische Segelspruch:
Sail in the dark blue water, anchor in the light green water and stay away from white or brown water!
Mit anderen Worten: Im dunkelblauen Wasser ist es meist sicher und frei von Untiefen. Braune oder gar schwarze Bereiche zeigen Korallen oder Felsen kurz unter der Wasseroberfläche. Weiße Bereiche deuten auf Sandbänke hin. Hellgrüne oder hellblaue Bereiche weisen ebenfalls auf Sand hin, aber tiefer unter der Oberfläche, was uns als guter Ankerplatz dienen könnte. Fehlt nur noch braungrün, das ist ein Zeichen für Seegras, zwar meistens tief genug, aber nicht so gut zum Ankern.
Ist es windig und steht Welle in der Lagune, kann die Sicht mitunter schwierig werden, allerdings können wir Untiefen jetzt auch an unregelmäßigen oder gar brechenden Wellen erkennen.
Und nicht zuletzt stehen in etlichen Atollen in Französisch-Polynesien an markanten Stellen Fahrwassertonnen oder ähnlich gelagerte Seezeichen, die eine wichtige Orientierung bei der Navigation in der Lagune bieten.
Tipp: In der Lagune ist ein vorausschauendes Echolot eine wertvolle Hilfe, wenn es darum geht den Korallenköpfen aus dem Weg zu gehen.
Ankern in der Lagune eines Atolls
Die meisten Blauwassersegler zieht es in einem Atoll zunächst zum Hauptort. Sei es, um gegebenenfalls Formalitäten zu erledigen, einen kleinen Proviant-Laden zu finden oder sich bei den Bewohnern vorzustellen.
Ist es windig und der potentielle Ankerplatz zum Wind hin offen, kann es auch in Atollen ungemütlich werden, da diese mitunter etliche Seemeilen breit sind und die große Wasserfläche den Aufbau von Windsee erlaubt. Anders als auf See kann sich bei Wind in der Lagune eine äußerst unangenehme, kurze und hackige Welle aufbauen. Diese ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch den Anker ausbrechen und uns in Legerwall treiben. In so einem Fall ist es daher ratsam, erst einmal auf der gegenüberliegenden Seite der Lagune einen Platz zu suchen und abzuwarten, bis der Wind dreht oder abnimmt. Das Wetter sollte sowieso immer beobachtet werden, die Passatwinde im Südpazifik sind nicht so konstant wie beispielsweise in der Karibik!
Aber nicht nur das Wetter kann problematisch sein, auch guten Ankergrund in einer Lagune zu finden, kann mitunter ziemlich schwierig werden. Wie gesagt, Lagunen und vor allem auch die Ankerplätze sind meist gespickt mit Korallenköpfen. Oft ist es gar nicht so einfach, ein ausreichendes Fleckchen Sand für seinen Anker und die dazugehörige Kette zu finden.
Es ist nicht nur schade und unverantwortlich, die fragilen und ohnehin schon gefährdeten Korallen durch unser Ankergeschirr zu zerstören, sie können auch zu ernsten Problemen führen. Immer wieder verheddern sich Ketten hoffnungslos in den Korallen, dann wird versucht, sie mit viel Gewalt und Geschrei wieder herauszubrechen. Die Folge sind meist tote Korallen, eine defekte oder verbogene Bugrolle nebst Ankerwinsch oder sogar der Verlust des Ankers.
Sollte es einen einmal erwischen, hilft vor allem Ruhe, das Wasser ist klar und warm, warum sich die Bescherung nicht erst einmal in Ruhe mit Brille, Schnorchel und Flosse ansehen und gegebenenfalls einfach freitauchen? Wir bekamen unser Boot bisher auf diesem Wege immer frei. Wenn es einmal zu tief zum Tauchen war, sprang einer ins Wasser und gab dem Steuermann Fahranweisung, wie er die Kette mit Hilfe des Bootes entwirren konnte.
Tipp: Wir versuchen möglichst, nicht auf einer Tiefe von mehr als 10 Metern zu ankern, da kommen wir zur Not auch noch ohne Tauchflasche runter.
In flacheren Gewässern ist zudem die Sicht besser und der Grund kann besser eingeschätzt werden. Manchmal führt kein Weg daran vorbei und es gibt keinen korallenfreien Ankergrund. Muss man schon zwischen den Korallen ankern, sollte man das zumindest da tun, wo die Korallen schon tot sind, erkennbar an der weißen Farbe. Nochmal: Es ist nicht zu unterschätzen, welchen Schaden wir anrichten können. Wir haben Ankerplätze erlebt, die von den Ankerketten der Segler in wahre Schutthalden verwandelt wurden.
Im Idealfall finden wir einen Sandfleck, der ausreichend Platz für die Kette bietet, oft simulieren wir auch einen Swoikreis unter Motor und ankern notfalls nochmals um. Dann ist man auch sicher vor der Gefahr, von einem Winddreher auf eine Untiefe gedreht zu werden.
Grundsätzlich sollte man in Korallengebieten bei guter Sicht ankern, Grund und Umgebung mit ein paar Extrarunden überprüfen und den Anker gut einfahren. Warum nicht beim ersten erfrischenden Bad die Taucherbrille aufsetzen und Anker und Kette noch einmal überprüfen? Wir haben es meistens getan und deutlich entspannter geschlafen!
Eine oft in Büchern empfohlene Methode für Ankern in Korallengebieten ist das „Hochbinden“ der Kette. Dazu werden in regelmäßigen Abständen Schwimmkörper wie Fender oder Bojen an die Kette gebunden. Die Kette schwebt dann über dem Boden und kann sich nicht in den Korallen verfangen. Der Abstand der Schwimmkörper an der Kette muss so gewählt werden, dass die Kette ausreichend Höhe über den Korallen gewinnt, aber nicht zu hoch auftreibt, um den Zugwinkel zum Anker negativ zu beeinflussen.
Wir haben mit diesem Ansatz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Bläst der Wind relativ konstant, funktionierte das System sehr gut, die Kette schwebt über den Korallen, beschädigt nicht die Natur und macht auch keine lästigen Scharrgeräusche. Als der Wind an einem Ankerplatz allerdings einschlief und das Boot munter im Kreis sowie vor und zurück swoite, entstand bei uns ein äußerst übles Knäuel aus Kette und vertäuten Fendern, welches kaum noch zu enttüddeln war. Wir entschlossen, zukünftig lieber darauf zu verzichten und stattdessen mehr Zeit auf die Suche nach einem Ankerplatz ohne Korallen zu verwenden.
Fazit
Ein Südseeatoll zu besegeln ist ein unvergleichliches Erlebnis, es sollten aber die Gefahren durch ungenaue Karten und die besonderen Eigenschaften der Pässe und Lagunen bedacht werden. Mit ein wenig Vorbereitung und dem gebotenen Respekt sind diese Hindernisse aber problemlos zu meistern. Belohnt wird man mit einer einzigartigen Schönheit der Natur und Gastfreundlichkeit der Einheimischen, die wir eigentlich nirgendwo auf der Welt so intensiv erfahren haben wie in den Atollen der Südsee.
Weiterführende Informationen
Eine Gruppe von Seglern hat ein Exceldokument entwickelt, mit dem die Bedingungen in den Pässen der Tuamotus errechnet werden können. Das Tool erfordert etwas Einarbeitung, funktioniert aber sehr gut. Der TuamotusCurrentGuestimator kann kostenlos heruntergeladen werden.
Unter www.svsoggypaws.com sind auf der Webseite auch vorgefertigte Googleearth-Karten zum Einbinden in OpenCPN zu finden (in .kap formatiert). Selber können solche Karten am einfachsten mit dem ebenfalls kostenlosen Tool GE2KAP erstellt werden.
Ein toller Artikel, vielen Dank für die vielen Informationen. Meine Frau und ich freuen uns schon auf den Vortrag: Vom Kiez nach Kirabati
Hallo, vielen Dank für den Artikel. Unser Revier sind die Bahamas und die Cuts sind sehr ähnlich…. Eine Frage hätte ich, wie kann ich google in open CPN integrieren? Wäre für unser Revier auch sehr hilfreich. Schöne Grüße
Hallo Gisela, das hat Jonathan hier ausführlich beschrieben:
https://www.blauwasser.de/anleitung-navigation-satellitenbilder
Danke!