So wird der Kraftstoffverbrauch einer Yacht ermittelt

Ein Beitrag von

Sönke Roever

Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

Den Dieselverbrauch der eigenen Yacht zu kennen, ist hilfreich

Auch wenn Segler grundsätzlich gerne segeln, gibt es hin und wieder Gründe, den Motor zu benutzen, beispielsweise um eine lange Seestrecke zurückzulegen. Dabei stellt sich gegebenenfalls die Frage: „Wie hoch ist mein Kraftstoffverbrauch?” Um diese Frage zu beantworten, gibt es verschiedene Herangehensweisen, die ich näher betrachten möchte.

Auf Motorbooten gibt es oft eine Messeinheit in der Kraftstoffleitung, die den Verbrauch übermittelt. Auf Segelyachten ist dieses Bauteil tendenziell nicht zu finden. Man kann sich aber trotzdem behelfen. Doch bevor wir damit beginnen, sei noch ein Hinweis erlaubt.

Hinweis: Die nachfolgend dargestellten Vorgänge sind mathematisch relativ trivial und der eine oder andere Leser mag sich fragen, warum es dafür eine Anleitung braucht. Ich bin allerdings mehrfach darauf angesprochen worden, ob ich meine Vorgehensweise dazu einmal in einem Artikel zusammenfassen kann. Hier ist er.

Den Tank zu befüllen ist das eine. Doch wie hoch ist der Verbrauch? ©Sönke Roever

Voraussetzungen für die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs

Zur Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht sind drei Dinge erforderlich. Erstens eine fest definierte Zeitspanne, zweitens eine fest definierte Distanz und drittens eine möglichst exakt funktionierende Tankanzeige.

Die Zeitspanne bei der Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht

Bei der Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht ist es hilfreich, die Betrachtung über einen längeren Zeitraum durchzuführen, um möglichst exakte Ergebnisse zu erhalten. Idealerweise nutzt man mehrere Stunden am Stück.

Wichtig ist es, beim Messen immer mit der gleichen Drehzahl zu fahren. Insbesondere auch, wenn mehrere Messungen veranstaltet werden. Ich würde Marschfahrt nehmen.

Wichtig ist bei der Ermittlung des Verbrauchs eine konstante Drehzahl. ©Sönke Roever

Die Distanz bei der Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht

Für die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht ist es wichtig, dass eine klar definierte Distanz als Referenz genommen wird. Das kann beispielsweise die Strecke zwischen zwei Seezeichen sein. Der Abstand zwischen den beiden Seezeichen lässt sich leicht mit einem Meilenzirkel analog oder digital bestimmen. Alternativ können auch zwei Wegpunkte festgelegt und die Distanz dazwischen für die Berechnung genutzt werden.

Hin und wieder legt man als Segler auch Strecken zurück, bei denen es Peilmarken am Ufer gibt, die eine fest definierte Distanz abbilden. Besonders praktisch ist in diesem Zusammenhang eine Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal. Dort stehen alle 500 Meter Schilder am Ufer, die den Kilometerstand angeben. Damit hat man eine klare Referenz für die zurückgelegte Strecke.

Auf dem Nord-Ostsee-Kanal kann der Verbrauch gut ermittelt werden. ©Sönke Roever

Etwas weniger gut geeignet sind Loggen, die die zurückgelegte Distanz anhand der Geschwindigkeit ermitteln, weil das Ergebnis meist ungenau ist. Bei der Logge gibt es zwei verschiedene Betrachtungsweisen. Entweder wird die Geschwindigkeit durchs Wasser (STW) oder aber die Geschwindigkeit über Grund (SOG) als Referenz zugrunde gelegt.

Die Geschwindigkeit durchs Wasser ist ungenau, wenn das Sumlog unzureichend geeicht ist, und die Geschwindigkeit über Grund wiederum ist ungenau, wenn man in einem Gewässer mit Strömung motort. Ein strömungsfreies Gewässer zu finden, ist gar nicht so einfach.

Das Gewässer sollte anders als hier bei der Verbrauchsermittlung strömungsfrei sein. ©Sönke Roever

Die Strömung ist übrigens auch eine Herausforderung, wenn eine feste Distanz zwischen zwei Seezeichen oder Wegpunkten abgefahren wird. Auch dann verändert sie das Ergebnis. Eine ähnliche Herausforderung entsteht bei Wind. Wenn der Wind von vorne kommt, kommt das Schiff durch seinen Windwiderstand langsamer voran als bei Wind von achtern.

Kurzum: Es gibt ein paar Herausforderungen, wenn es darum geht, die Distanz möglichst genau zu definieren. Davon würde ich mich aber nicht abschrecken lassen. Idealerweise führt man den Vorgang einfach mehrfach durch auf verschiedenen Strecken bei verschiedenen Bedingungen, sodass am Ende ein Mittelwert gebildet werden kann. Das muss für den Bordalltag reichen.

Eine möglichst exakte Tankanzeige ist bei der Ermittlung hilfreich. ©Sönke Roever

Die Tankanzeige bei der Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht

Zu guter Letzt wird für die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht auch noch eine möglichst exakt funktionierende Tankanzeige benötigt. Auf unserem Redaktionsboot haben wir den analogen Kraftstofftank-Geber über eine Schnittstelle von Simarine mit dem NMEA-2000-Datennetzwerk verbunden, sodass der Füllstand des Kraftstofftanks auf den Navigationsgeräten angezeigt werden kann. Dafür nutzen wir beispielsweise eine digitale Anzeige vom Typ Raymarine I70S. Dort gibt es ein Daten-Element, das anzeigt, wie viel Prozent Kraftstoff beziehungsweise wie viele Liter sich im Tank befinden. Das Gute daran ist, dass es eine Nachkommastelle gibt, wodurch der Wert relativ genau wird.

Es gibt verschiedene Ansätze, den Verbrauch zu ermitteln

Ein möglicher Ansatz ist, zu ermitteln, wie viele Liter pro Stunde bei einer bestimmten Drehzahl benötigt werden, beispielsweise bei Marschfahrt. Eine andere Herangehensweise wäre die Frage, wie viel Liter pro Seemeile verbraucht werden, wenn mit konstanter Drehzahl motort wird.

Beispiel-Rechnung für die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs einer Yacht

Bei meiner letzten Fahrt auf dem Nord-Ostsee-Kanal, bei der ich eine solche Ermittlung durchgeführt habe, betrug die Tankfüllung zu Beginn 51,3 Prozent und 30 km später 43,3 Prozent. Es wurden also 8 Prozent des verfügbaren Kraftstoffs verbraucht.

Um zu wissen, wie viel Liter 8 Prozent entsprechen, muss ich meine Tankkapazität kennen. In meinem Fall beträgt sie 90 Liter. 8 Prozent von 90 Liter sind 7,2 Liter (90 Liter x 8 : 100). Mit anderen Worten: Auf der Distanz von 30 Kilometern wurden 7,2 Liter verbraucht.

Für die 30 Kilometer kann man nun eine Umrechnung in Seemeilen durchführen. Dazu teilt man 30 Kilometer durch 1.852 Meter pro Seemeile. Das ergibt 16,2 Seemeilen. Nun muss ich nur noch die 7,2 Liter durch 16,2 Seemeilen teilen, um zu erfahren, dass ich pro Seemeile 0,44 Liter Diesel verbraucht habe. Das würde ich großzügig aufrunden und sagen, dieses Schiff verbraucht bei Marschfahrt etwa 0,5 Liter pro Seemeile.

Viele Tankanzeigen bieten einen absoluten und einen prozentualen Wert. ©Simarine/BLAUWASSER.DE

Der andere genannte Ansatz ermittelt den Verbrauch pro Stunde. Auch hierbei ist die Rechnung nicht sonderlich kompliziert. In meinem Fall wurden die 30 Kilometer in 2 Stunden und 50 Minuten zurückgelegt. Das entspricht einer Zeitspanne von 170 Minuten. Da in dieser Zeit 7,2 Liter Kraftstoff verbraucht wurden, ergibt sich ein Verbrauch von 0,042 Litern pro Minute (7,2 Liter : 170 Minuten).

Das Ergebnis kann ich schnell auf eine Stunde hochrechnen, indem ich den Wert pro Minute mit 60 multipliziere. Damit weiß ich dann, dass ich pro Stunde 2,52 Liter verbrauche. Auch hier würde ich runden und sagen, dass es in etwa 2,5 Liter pro Stunde sind.

Reichweiten-Planung mit dem ermittelten Kraftstoffverbrauch

Wenn ein Langfahrtsegler eine Ozeanpassage plant, spielt auch die Bevorratung mit Kraftstoff eine Rolle beziehungsweise die damit verbundene Frage: Wie weit komme ich im Notfall damit? Oder anders formuliert: Welche Reichweite habe ich unter Motor? Mit den vorstehend ermittelten Größen lässt sich das schnell ausrechnen.

Nehmen wir exemplarisch an, dass nach einem Riggverlust sichergestellt sein soll, dass zumindest für eine Woche der Kraftstoff reicht. In dem Fall sieht die Rechnung so aus:

2,5 Liter pro Stunde multipliziert mit 24 Stunden pro Tag multipliziert mit sieben Tagen pro Woche. Das ergibt einen Kraftstoffbedarf von 420 Litern.

Blauwassersegler haben gerne viel Diesel an Bord. ©Sönke Roever

Umgekehrt kann ich mich auch fragen, wie weit ich mit dieser Kraftstoffmenge komme. Dazu hatte ich in meinem Beispiel errechnet, dass 0,5 Liter pro Seemeile verbraucht werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Kraftstoff für rund 840 Seemeilen reicht (420 Liter : 0,5 Seemeilen pro Liter). Kurzum: Wenn ich 420 Liter Kraftstoff bunkere, kann ich etwa eine Woche lang motoren und komme damit 840 Seemeilen weit.

Fazit

Dass lange Motorfahrten als Segler nicht erstrebenswert sind, ist klar. Es kann aber Situationen an Bord einer Segelyacht geben, wo es hilfreich ist, den Kraftstoffverbrauch zu kennen. Das mag für den Daysailor eine untergeordnete Rolle spielen. Für den Blauwassersegler hingegen ist das eine wichtige Information, insbesondere auch dann, wenn es darum geht, Kraftstoffmengen für längere Passagen zu ermitteln.

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