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„Schnuller rein! Fender raus! Wir legen an“, lautet das typische Kommando beim Anlegen auf ihrem Familienboot. Gemeinsam mit ihrem Mann segelt Nina Kremer, Texterin und Schreibcoach, mit den beiden Töchtern. Wenn Nina nicht gerade schreibt oder unterrichtet, sind sie mit ihrer Dufour 36 Classic als Familien-Crew auf Nord- und Ostsee unterwegs oder chartern im Mittelmeer.
Titelfoto: ©️Nina Kremer
Das Segeln mit Kindern ist eine besondere Herausforderung
Eine bunte Schwimmweste auf der Bugspitze hebt und senkt sich im Rhythmus langer Wellen. Unsere Tochter hat ihren Lieblingsplatz an Bord eingenommen, sitzt im Bugkorb, hat Spaß. Folglich ist es erstaunlich ruhig im Cockpit und mein Mann und ich haben etwas Zeit, uns ungestört zu unterhalten. Natürlich haben wir dabei auch unsere Tochter im Bugbereich im Blick, sind aber nicht unruhig, da sie gesichert ist.
Das ist nur ein Beispiel von vielen. Über die Jahre und durch das Segeln mit Kindern haben wir an Bord Lösungen geschaffen, die das Familiensegeln recht sicher machen. Entstanden ist so die folgende Liste. Es würde mich freuen, wenn sie euch beim Segeln mit Kindern weiterhilft.
Rettungswesten: Liefern automatisch die Basis an Sicherheit
Wir alle tragen an Bord Rettungswesten. Auch bei Sonnenschein. Für die Kinder haben wir pro Kind zwei Schwimmwesten an Bord: je eine Automatikrettungsweste, die regelmäßig gewartet wird, für den Tag auf See sowie eine zusätzliche Feststoffweste fürs Krebseangeln und Spielen – rund um das Hafenbecken.
Da die beste Rettungsweste nichts bringt, wenn das Kind sie partout nicht anzieht, ist hier Kooperationsbereitschaft gefragt. Ein Schrittgurt ist unabdingbar, damit die Rettungsweste nicht über den Kopf entgleiten kann. Und auch ein umlaufender Kragen bei der Feststoffrettungsweste, der den Kopf des Kindes – selbst bei Ohnmacht – über Wasser hält, ist nicht verhandelbar. Dafür kann das Kind aber bei der Farbe mitentscheiden. Die Bereitschaft, die Weste tatsächlich zu tragen, kann sich drastisch erhöhen, wenn sie in der Lieblingsfarbe des Kindes erstrahlt. Die bessere Sichtbarkeit im Wasser ist bei grelleren Farben natürlich ein Plus an Sicherheit; was noch zusätzlich durch geeignete, farbige Segelkleidung umgesetzt werden kann.
Die Rettungswesten können für die Sicherheit mit MOB lifesavers optimiert werden
Die Bergungsschlaufe, die sich in jeder Rettungsweste befindet, haben wir zusätzlich mit einer Schwimmleine verlängert, die im Handel unter dem Produktnamen MOB Lifesavers zu finden ist.
Der Clou: Die Schwimmleine hat ein festes, gut sichtbares Auge, sodass man mit dem Bootshaken an dieser Stelle gut „zupacken“ kann, um mit dem Über-Bord-Gegangenen eine erste Leinenverbindung herzustellen. Besonders für Kinder, die nach dem Ins-Wasser-Fallen vermutlich nicht selbstständig an die Badeleiter schwimmen können, ist das ein zusätzlicher Sicherheitsaspekt.
Ein Relingsnetz schafft zusätzliche Sicherheit beim Segeln mit Kindern
Sehen wir eine Yacht mit Relingsnetz durch die Hafeneinfahrt kommen, ist die Freude groß: Entweder sind Kinder oder Hunde an Bord! Über beides freuen sich unsere Kinder. Ein Relingsnetz wirkt vielleicht etwas uncool. Aber ehrlich gesagt, hat es mich selbst schon einmal davor bewahrt, ins Wasser zu plumpsen, nachdem ich beim Wäscheaufhängen unachtsam über die Winsch gestolpert bin.
Ein Relingsnetz erhöht das Sicherheitsempfinden. Mindestens optisch. Wir haben es auf unserem Schiff dauerhaft installiert. Auf Charteryachten hatten wir es stets im Gepäck. Es ist schnell angebracht und hilft, sich gleich auf der gecharterten Yacht heimisch zu fühlen. Und insbesondere bei kleinen Kindern verhindert es das Durchrutschen zwischen den Drähten.
Tipp: Auch unter Deck kann ein solches Netz helfen, wenn ein sehr kleines Kind auf einer Koje spielt oder schläft. Mit dem Netz kann die Koje so abgesichert werden, dass das Kind bei Schwell oder in einem unbeobachteten Moment nicht plötzlich aus der Koje fällt und sich verletzt.
Antirutschstreifen erhöhen die Trittsicherheit im Niedergang
Vor allem bei Bewegung im Schiff, Seegang oder Schräglage, aber auch, wenn man schnell die Schuhe holen will, weil die anderen Kinder am Steg schon Richtung Spielplatz rennen: Der Niedergang kann zum halsbrecherischen Nadelöhr werden.
Bei der Auswahl unserer Familienyacht war die Beschaffenheit des Niedergangs ein wichtiger Punkt: große Trittflächen, nicht zu hohe Stufen, etwas zum Festhalten. Die Kinder gewöhnen sich an jeden Niedergang irgendwann. Aber auf manchen Schiffen sind die Niedergänge eine akrobatische Herausforderung. Dessen sollte man sich bewusst sein. Gegen das Ausrutschen bei Nässe können zusätzliche Antirutschstreifen hilfreich sein (nicht nur für die Kinder). 😉
Tipp: Wenn sehr kleine Kinder im Cockpit sind, kann es helfen, ein Schott einzustecken, damit das Kind nicht in den Niedergang fällt.
Die Bugleiter ist eine wertvolle Landverbindung für die Kinder an Bord
„Krebse! Hier drüben!“ Jetzt schnell an den Steg, Eimer und Kescher noch irgendwie jonglieren … Puh! Da kann Mutti schon mal kurz die Luft wegbleiben. Je nach Begebenheit gibt es nämlich ganz schöne Höhenunterschiede beim Übersteigen auf den Steg.
Die Lösung: Eine Bugleiter zum Einhaken hilft, den Höhenunterschied auszugleichen, liegt man mit dem Bug nach vorne in einer Box. Alternativ geht auch ein klappbarer Tritt oder Hocker. Letztere sind variabel einsetzbar; auch beim seitlichen Übersteigen. Mit einem Tampen wird der Tritt am Steg gesichert. Ansonsten lagert er in der Backskiste.
Haben wir mit den Kindern nach dem Anlegen besprochen, wie sie sicher übersteigen können und welches Hilfsmittel gegebenenfalls nötig ist, können sie es fortan selbstständig tun. Das entspannt alle, wenn plötzlich besagte Krebse auftauchen. Oder eben Hunde. 😉
Sicher bewegen mit Lifeline und Strecktauen
Das sichere Bewegen über Deck ist für Kinder enorm wichtig, um auch an Bord ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit zu haben. Wir setzen dies durch die Verwendung von Lifelines um. Die Lifeline schafft eine Verbindung zwischen Mensch und Schiff. Sie besteht aus einer Gurtschlaufe und einem Karabinerhaken.
Die Schlaufe der Lifeline wird mit dem Metallring an der Rettungsweste verbunden. An der anderen Seite der Lifeline befindet sich ein Karabinerhaken. Der Karabiner kann an geeigneten Stellen an Deck ein- und ausgepickt werden.
Die Reling ist übrigens keine geeignete Stelle für das Einpicken. Dafür aber: feste Klampen, Decksbeschläge oder ein Strecktau. Auf unserem Familienboot verlaufen back- und steuerbords jeweils Strecktaue, in die man sich bereits aus dem Cockpit einpicken kann. Denn dieser eine Schritt aus dem sicheren Cockpit kann manchmal vielleicht schon der eine zu viel sein.
Tipp: Für Kinder besonders geeignet sind leichtgängige Karabiner, die die Kinder ohne Fingerquetschen selbstständig sicher öffnen und schließen können.
Die Kinder fällt es durch die Strecktaue (auch Decksleinen genannt) leicht, von hinten nach vorne zu kommen, um zielstrebig ihre Lieblingsplätze anzusteuern. Hier werden sie wieder mit zusätzlichen Lifelines gesichert. Darum kann ich ruhig bleiben, wenn mein Kind bei Seegang auf der Bugspitze sitzt.
Fazit
Mit wenigen Handgriffen kann die Sicherheit beim Segeln mit Kindern deutlich erhöht werden. Natürlich gibt es noch einiges mehr an Bord, das der Sicherheit dient. Und: Unsere Bemühungen, das Segeln mit unseren Kindern so sicher wie möglich zu gestalten, gehen ständig weiter. Wir optimieren, installieren und prüfen immer, was noch sinnvoll wäre. Vor allem der Austausch mit anderen Familiencrews liefert uns stets neue Inspirationen dafür. Wie ist es bei euch? Ich freue mich auf Anregungen für noch mehr Sicherheit an Bord in den Kommentaren!
Ein wichtiger Punkt sei abschießend noch erwähnt. Wir können mit all diesen Dingen das Segeln sicherer machen. Am Ende des Tages müssen wir aber auch loslassen und den Kindern Dinge zutrauen. Wir sollten ihnen die Chance geben, sich an Bord frei zu bewegen und ihnen nicht ständig aufzeigen, was alles passieren kann. Andernfalls werden sie ängstlich statt selbständig an Bord.
Und klar, logischerweise werden die Kinder von Saison zu Saison älter und folglich auch auf diesem Wege selbständiger. Während bei Kleinkindern noch sehr stark auf die Sicherheit geachtet werden muss, können ältere Kinder sich in der Regel zunehmend „freier“ an Bord bewegen. Immer mit dem Ziel, dass sie sich an Bord wohl (und sicher) fühlen – keinesfalls aber eingesperrt, weil sie sich nicht bewegen dürfen. Das wäre kontraproduktiv.