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Der Wiener hat schon zu Schulzeiten das Segeln auf Binnenrevieren erlernt. Mittlerweile segelt er hauptberuflich mit Gästen in der Adria und im Ionischen Meer. Auf seiner Bavaria 47 bietet er Kultur-, Urlaubs-, Trainings- und Ausbildungstörns an. Der Österreicher ist auch Autor des Revierhandbuchs „Dolce Vita an der Adria. Ein Hafenführer für die italienische Ostküste und ganz Albanien“ und Prüfer für den Motorsport- und Segelverband Österreichs.
Der Überblick – Das Segelrevier von Albanien liegt zwischen Montenegro und Griechenland
Die Albanische Küste erstreckt sich über etwa 140 Seemeilen zu gleichen Teilen über das Adriatische und das Ionische Meer. Im Norden liegen eher flache Küsten mit ein paar Hügelrücken, die sich zu Kaps ausformen. Im Süden finden wir dagegen auch Steilküsten, hier fallen innerhalb weniger Kilometer bis zu 2.000 Meter hohe Gipfel ins Meer ab.
Die Distanzen zwischen den Schutz bietenden Häfen und Ankerplätzen sind überwiegend groß: Im Norden sind es von Shegjin bis Durres etwa 25 Seemeilen, dazwischen gibt es nur zwei Kaps, hinter denen ein wenig Schutz zu finden ist. Durres bietet sich auch für einen Crewwechsel an, der Flughafen von Tirana liegt nur 30 Kilometer entfernt. Auch gibt es von hier (wie auch von Vlora) Fährverbindungen nach Bari und Brindisi in Italien. Von Durres nach Vlora sind es dann sogar 50 Seemeilen ohne jeglichen Schutz. Ähnlich sieht es im Süden aus: Von Vlora bis Saranda sind es weitere 50 Seemeilen. Dazwischen aber gibt es zumindest drei Buchten, in denen gegen manche Windrichtung guter Schutz zu finden ist. Ab Saranda starten mehrfach täglich Ausflugsboote nach Korfu-Stadt in Griechenland.
Warum sollte man trotz dieser scheinbaren Widrigkeiten dennoch nach Albanien segeln? Ein Grund könnte der fehlende Yachttourismus sein, im Mittelmeer eine absolute Rarität. Weitere Gründe sind die Ursprünglichkeit des Reviers, die freundlichen und Besuchern gegenüber sehr aufgeschlossenen Menschen und nicht zuletzt die spektakuläre Landschaft. Der häufigste Grund allerdings dürfe die Lage zwischen Griechenland und Kroatien beziehungsweise Montenegro sein: Bei einem Revierwechsel bietet die Küste ideale Zwischenstopps. Wer möchte, kann hier locker auch ein bis zwei Wochen Zeit verbringen.
Grenzwechsel und Hafenanlagen in Albanien
Nur für Urlaubssegler ist Albanien schwer zu erreichen, Charterboote gibt es keine. Und kaum eine Charterfirma in Griechenland, Kroatien oder Montenegro erlaubt den Grenzwechsel. Für Yachteigner ist es dagegen einfach: Man klariert aus dem letzten Land aus und im ersten albanischen Hafen wieder ein. Dafür benötigt man neben einem gültigen Reisepass und den Bootspapieren einen Agenten, der für seine Dienste bei den Behörden bezahlt werden muss (2025 waren das im Schnitt 70 Euro). Anders als in der Vergangenheit bedeutet das heute: Einmal einklariert kann man frei in Albanien navigieren, die Küste abklappern und muss nur vor der Ausreise wieder ausklarieren.
Marinas gibt es zwei im Land: eine im Ostteil des Hafens in Durres, wobei es sich dabei mehr um eine Anlegestelle mit Strom- und Wasseranschluss handelt und die dazugehörigen Sanitäranlagen nicht gerade unserem Standard entsprechen (www.cristianmarinedurres.com).
Die andere ist in Orikum am Südende der Bucht von Vlora, hier kommt mit der modernen Bebauung, den gepflegten Steganlagen und dem Hafenrestaurant tatsächlich Marina-Feeling auf (www.marinaorikum.com).
Wetter und Navigation entlang der albanischen Küste
In Shengjin kann es im Sommer noch das eine oder andere Gewitter geben, sonst gelten die Sommermonate entlang der albanischen Küste als niederschlagsfrei. Entsprechend heiß wird es, sodass definitiv Sonnenschutz nötig ist. In den übrigen Monaten ist das adriatypische Übergangswetter zu erwarten: Auf Tage mit ruhiger See und angenehmen Temperaturen können die kalten Nordostwinde einsetzen oder vor dem Durchzug eines Mittelmeertiefs der mächtige Südwind, der hier eine gewaltige Welle produziert.
Zum Befahren der albanischen Küste muss das Wetter stimmen, zumal die Distanzen zwischen den Häfen einfach zu groß sind, um bei aufkommenden Unwettern in einen schützenden Hafen flüchten zu können. Im Ernstfall ist es daher angeraten, Unwetter weit draußen in die Adria in sicheren Tiefen abzuwettern.
In der Nacht zu fahren, ist in Albanien nur bedingt zu empfehlen: Durres ist gut befeuert, aber es gibt eine Menge Klippen in der Umgebung, auch unter Wasser. Shengjin ist nur schwach befeuert, Vlora und Saranda dagegen eindeutig. Aber: Im Süden der Bucht von Vlora liegen Fischfarmen aus, ebenso wie nahe des Kepi i Qefalit und entlang der Landesgrenze zu Griechenland. Diese Anlagen sind nur mangelhaft beleuchtet – da sind Missverständnisse vorprogrammiert.
Dazu müssen im Revier vier militärische Sperrgebiete beachtet werden: am Nordende der Palermo-Bucht, im Südwesten der Bucht von Vlora, an der Nordseite des Kepi Bishti i Palles sowie der Westteil des Hafens von Sazan. Die gesamte Insel Sazan war einmal militärisch besiedelt, doch darf man seit ein paar Jahren untertags dort anlegen und einen Spaziergang durch die teils verfallenen Gebäude unternehmen.
Highlights eines Törns entlang der albanischen Küste
Zu den Highlights des Törns gehören auf jeden Fall die kulturellen Hotspots: Durres ist eine Stadt, die mit Zeugnissen der römischen, byzantinischen, venezianischen und osmanischen Zeit aufwartet. Auch nördlich von Vlora und im Hinterland von Saranda finden sich römische Ausgrabungen.
Ganz im Süden nahe der griechischen Grenze liegt die antike Stadt Butrint in der gleichnamigen Lagune. Die Zufahrt zur Lagune erreicht man durch einen nur schlecht bezeichneten Kanal mit etwa zwei Meter Tiefe. Die letzten zweihundert Meter zur antiken Stadt müssen mit dem Schlauchboot gefahren werden, eine tiefhängende Stromleitung verhindert hier die Zufahrt mit der Yacht. Die einige Quadratkilometer große Anlage ist die Anreise aber auf jeden Fall wert. Ein weiteres Törn-Highlight ist auch die Steilküste am Ceraunischen Gebirge.
Mehr Infos zu Albanien: Geld, Kosten, Einkaufen, Tanken und Infrastruktur
Die Landeswährung nennt sich Lek. Etwa hundert Lek sind ein Euro, das macht das Rechnen einfach. An vielen Orten werden gerne auch Euro angenommen. Kredit- und Bankomatkarte funktionieren tadellos, für die Transaktionen fallen aber Gebühren an.
Die Versorgungslage mit Lebensmitteln ist hervorragend – die albanische Landwirtschaft ist gut aufgestellt. Lebensmittel sind definitiv billiger als bei uns, besonders, wenn man bei Straßenhändlern oder auf dem Markt einkauft. Restaurants sind ebenfalls günstiger (außer das in der Marina Orikum). Auch wenn das Preisniveau in Albanien generell noch deutlich unter dem der Nachbarländer Kroatien und Griechenland liegt, hat man auch hier bereits gelernt, die Touristen als Geldbringer zu identifizieren.
Schlecht sieht es mit Tankstellen aus, direkt am Wasser gibt es keine. Bei größeren Mengen kann ein Tankwagen in den Hafen bestellt werden, sonst helfen nur Kanister, der Handwagen und die nächste Autotankstelle.
Sicherheit und Yachtversicherung beim Segeln in Albanien
Die Frage der Sicherheit ist eindeutig zu klären: Die Mordrate ist in Albanien etwas niedriger als in den baltischen Staaten und Malta, und Kleinkriminalität gibt es nicht mehr als anderswo. Dazu sind alle vier Häfen abgesperrte Gebiete, um hinein- oder hinauszugelangen, muss man an einem Wachposten vorbei. Aber auch außerhalb ist die gefühlte Sicherheit stets hoch. Korruption mag im Land ein Thema sein, aber das betrifft Gäste eher selten.
Wichtig ist das Thema Bootsversicherung, denn Fahrten nach Albanien sind nicht automatisch gedeckt, da ist stets eine gezielte Anfrage bei der Versicherung nötig.
Sprache
In touristischen Gebieten klappt die Verständigung auch auf Englisch, sonst ist man auf die Landessprache angewiesen. Gerade die Behörden sprechen meist nur albanisch.
Diese Charter-Agenturen helfen dir, eine Yacht zu finden
Auch wenn es im Land selbst keine Charterschiffe gibt: Diese Charteragenturen können dir dabei helfen herauszufinden, welche Charterpartner in Griechenland, Kroatien oder Montenegro den Grenzwechsel nach Albanien erlauben.