Holland Rund: Abwechslung pur beim Segeln und Chartern

Ein Beitrag von

Michael Amme

Michael ist seit über 20 Jahren als Journalist und Fotograf auf dem Wasser tätig. Der studierte Geograf hat weltweit Reisereportagen in mehr als 100 Charter- und Blauwasserrevieren produziert. Zudem haben den Hamburger viele Segelreisen und seine frühere Tätigkeit als Charter- und Überführungsskipper rund um den Globus geführt. Zusammen mit Sönke Roever ist er die treibende Kraft von BLAUWASSER.DE und ein beliebter Referent auf Bootsmessen und diversen Seminaren (siehe Termine).

Das i-Tüpfelchen der Reise gleich zu Beginn: die Metropole Amsterdam

Als es Nacht wird, blinken die Leuchtreklamen von den Hausfassaden der Voorbugwal-Gracht. Bordelle, Striplokale, Coffeeshops – hier im Walletjes, im berühmten Rotlichtviertel, wird die Stadt ihrem Ruf gerecht. Amsterdam ist exotisch und international, sündig und sinnlich, „eigentlich findet man die Welt hier in komprimierter Form“, behauptet ein Inder, der in einem Café sitzt und mit seinem Handy hantiert. Im Coffeeshop nebenan verkauft ein Holländer mit Rastalocken Cannabis und gegenüber in einem Sushi-Restaurant picken junge Geschäftsleute in Seetang-Blätter gerolltes Krabbenfleisch. Und wer seinen Blick schweifen lässt, entdeckt bunte Giebel- und Patrizierhäuser, Brücken und Hausboote, Graureiher und Wasserhühner.

Mit der eigenen Yacht findet man Liegeplätze ganz nah am Zentrum von Amsterdam. ©Michael Amme

Die pulsierende Großstadtatmosphäre Amsterdams war keineswegs Ziel der Reise, sondern nur das zufällige i-Tüpfelchen eines spontanen Plans: in der Nebensaison und bei guter Wetterprognose für eine Woche den Alltag gegen die See einzutauschen. „Fahrt nach Holland“, hatte ein Freund geraten, „da gibt es geschützte Binnenreviere, das offene Meer und dazu das Wattenmeer.“

Nicht nur die Reviere, auch die Schiffstypen sind in Holland abwechslungsreich. ©Michael Amme

170 Seemeilen voll mit Abwechslung

Ein Blick auf die Karte bestätigte den Tipp. Auf einem Rundtörn, etwa 170 Seemeilen lang, lässt sich von allem etwas sehen: Im IJssel- und Markermeer kann man zwischen Bilderbuchstädtchen hin- und herbummeln, dann Kanäle, Grachten, Schleusen und Hebebrücken passieren. Die Nordsee bietet dagegen kerniges Segeln und die vom Auf und Ab der Gezeiten umspülten Westfriesischen Inseln. Dazu kommen die engen Fahrwasser des Wattenmeeres, Einbahnstraßen im Takt der Tide. Von Amsterdam ganz zu schweigen. „Super, mehr Abwechslung geht nicht“, hatte ich zu meiner Crew gesagt und gebucht.

Nordsee, Wattenmeer sowie IJssel- und Markermeer auf einem Törn erleben. ©BLAUWASSER.DE/Navionics.com

Gestern, am Steg der Charterfirma in Monnikendamm, lagen nur blitzblanke, nagelneue Dehler- und X-Yachten. Alle mit langen Riggs, durchgelatteten Großsegeln, Gennaker und Heizung. Wir hatten unsere RIXT, eine X-34, übernommen und hatten am Ende nur noch eine bange Frage: „Was ist mit dem Tiefgang?“ Denn soviel wussten wir: Im Revier kann es bisweilen ganz schön flach werden. „Keine Sorge“, versicherte der Basismitarbeiter, „auch mit euren 1,90 Metern kommt ihr überall hin. Und an die Null vor dem Komma auf der Tiefenanzeige für das restliche Wasser unter dem Kiel gewöhnt ihr euch.“

Egal ob Plattbodenschiff oder Kielyacht, auch im Wattenmeer können beide sicher unterwegs sein. ©Michael Amme

Auch das unbekannte Prozedere mit all den Schleusen und Brücken machte uns Sorgen. „Einfach hinfahren“, sagte der Holländer, „ihr müsst euch nicht anmelden und auch nicht bezahlen. Und mit den roten und grünen Ampeln davor ist es fast wie im Straßenverkehr, das versteht jeder.“

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Der Noordzeekanaal verbindet die Nordsee mit Amsterdam

Tag zwei der Reise, acht Uhr morgens. Das Rotlichtviertel von Amsterdam schläft noch, als wir mit einem Morgenkaffee in der Hand den Noordzeekanaal entlang fahren. Von Amsterdam aus sind es zwölf Seemeilen bis zur Nordseeschleuse in Ijmuiden. Vorbei an grünen Wiesen, Windkrafträdern und großen Hafenbecken. Hin und wieder kommen dicke Seeschiffe entgegen, auch die gelangen von der Nordsee aus bis nach Amsterdam. Dass wir mit unserem Charterschiff den Törn im Uhrzeigersinn fahren, liegt an den vorhergesagten südöstlichen Winden mit vier bis fünf Beaufort: perfekte Bedingungen, um auf den Nordseeetappen mit ablandigen Winden raumschot von Süden nach Norden zu segeln.

Im Noordzeekanaal treffen wir auch auf dicke Pötte. ©Michael Amme

Die Strömungen in der offenen Nordsee sind zahm

Ein roter Leuchtturm, die stählernen Hochöfen eines Stahlwerkes, riesige Schleusenkammern, dazu die rauchenden Schornsteine der Industrieanlagen rund um den Hafen – Ijmuiden gilt nicht gerade als touristisches Highlight. Dabei bietet der weite Nordseestrand gleich hinter der riesigen Seaport Marina mit seinen szenigen Strandbars durchaus Erholungsfaktor. Genau hier in Ijmuiden ist der Messpegel für Normalnull (NN), der mittlere Wasserstand der Nordsee, auch Amsterdamer Pegel genannt. Von diesem Nullpunkt aus werden die Höhenangaben vieler europäischer Staaten bestimmt. Nicht zu verwechseln mit Seekartennull (SKN), das auf dem „niedrigst möglichen Gezeitenwasserstand“ beruht und international als „lowest astronomical tide“ bezeichnet wird (LAT). Siehe hierzu auch die Info am Ende des Beitrages.

In der offenen Nordsee ist erstmals viel Platz zum Segeln. ©Michael Amme

„Ab jetzt muss gerechnet werden“, weiß Revierkenner und Crewmitglied Kai und kramt in Tidenkalendern und Strömungsatlanten herum. „Entlang der offenen Nordseeküste erreichen die Strömungen aber nur selten mehr als zwei Knoten“, erklärt er. Die Zufahrten zu den Inselhäfen allerdings liegen nicht auf der Nordseeseite, sie sind nur über schmale Fahrwasser durch das Wattenmeer zu erreichen. Im Klartext: Wenn die Mondanziehung die Nordsee in den Atlantik pumpt, schießt das hinter den Inseln gelegene Wasser vom Wattenmeer durch schmale Rinnen hinterher. „Da stehst du im Extremfall bei fünf Knoten Fahrt durchs Wasser nur noch auf der Stelle“, warnt Kai.

Bei der Einfahrt ins Wattenmeer bei Den Helder muss die Tide stimmen. ©Michael Amme

Oudeschild auf Texel ist das erste Ziel auf den Inseln

Jetzt aber, auf den Nordseewellen, fängt unsere Segelyacht gurgelnd an zu surfen, manchmal sogar mit fast zehn Knoten. „Was für ein toller Speed für so ein Schiffchen“, freue ich mich und grinse. Der kleine Blauwasserkick tut richtig gut: schöne Wellen, weiter Horizont, kaum Segler, dazu die dicken Pötte im nahen Verkehrstrennungsgebiet.

Hier ist Platz zum Segeln, hier riecht die See nach Salz und das Wasser ist tief und blau. Mit der X-34 sowie Strom und Wind von achtern schrumpft selbst die knapp 40 Seemeilen lange Etappe bis in den Hafen von Oudeschild auf Texel zur Nachmittagsfahrt zusammen.

Das Café im Yachthafen mit weitem Blick über das Wattenmeer. ©Michael Amme

Das Wetter der folgenden Tage ist so abwechslungsreich wie das Revier. Sonne und Wolken wechseln sich ab, konstante und böige Winde auch, ein paar Regenfronten ziehen durch – typisch Nebensaison. Im Sommer soll es hier ähnlich wie an der Ostsee sein: Erwischt man ein gutes Jahr, kann man in Holland monatelang Badeurlaub machen und darf, anders als im Mittelmeer, immer mit einer guten Segelbrise rechnen. Und in schlechten Jahren? Kommt man selbst in den Sommermonaten kaum aus dem Ölzeug raus.

Das Wetter ändert sich häufig, die Segelbedingungen sind dabei meist sehr gut. ©Michael Amme

Auf nach Texel

Mit unserer Charteryacht wollen wir die drei Inseln Texel, Vlieland und Terschelling anlaufen. Jede mit eigenem Yachthafen und drahtlosem Internetanschluss, mit grünen Wiesen, Dünenlandschaften und reichlich Strand. Texel ist mit 24 Kilometer Länge und neun Kilometer Breite die größte der insgesamt fünf bewohnten, niederländischen Nordseeinseln. Hier leben fast 14.000 Menschen und noch mehr Schafe, mit 800.000 Besuchern im Jahr ist die Insel das touristische Zugpferd der Region. Der quirlige Hauptort Den Burg im Inselzentrum ist einen Fahrradausflug wert, die Highlights im Hafenort Oudeschild sind das Maritiem & Jutters Museum, das bunte Treiben im Hafen und das Restaurant mit Blick über den Hafen.

Im Maritiem & Jutters Museum gibt es viel zu entdecken. ©Michael Amme

Auf Terschelling geht die Post ab

Im Hafen von Passantenhafen liegen wir dagegen direkt im Herzen der Inselmetropole West-Terschelling. „Jeden Abend geht hier die Post ab“, weiß Kai von früheren Besuchen auf der Insel, „der Ort ist voll von Seglern und den Crews und Gästen der Plattbodenschiffe.“ In den engen Gassen reihen sich Bars an Restaurants, später am Abend trifft man sich im OKA 18, einer der drei Inseldiscos.

Der Nordseestrand wie hier auf Terschelling ist auf allen Inseln eine Wucht. ©Michael Amme

Vlieland – die Ruhige

Vlieland ist dagegen wieder ganz anders, sie ist die kleinste und ruhigste der drei Inseln. „Im Sommer ist der Hafen regelmäßig überfüllt“, erzählt ein holländisches Seglerpaar in der Nachbarbox. Doch auch dieser Andrang wird die beschauliche und autofreie Inselidylle und das gemütliche, einen Kilometer vom Hafen entfernte Inseldorf Oost-Vlieland kaum aus der Ruhe bringen.

Im Hafen von Vlieland können Fahrräder für den Inseltrip ausgeliehen werden. ©Michael Amme

Das eigentliche Highlight ist das Segeln im Wattenmeer

Wir verbringen die Inseltage mit Strandspaziergängen, Wattwanderungen und Fahrradausflügen. Aufregender aber ist das Segeln zwischen den Inseln. Unfassbar, mit welcher Wucht wir hier durch die Priele gedrückt werden. Von der Nordsee aus mäandern sich die Fahrwasser wie Baumwurzeln zwischen den Inseln hindurch in das Wattenmeer hinein, wo sie sich verästeln und verjüngen. Hunderte von Fahrwasser- und Untiefentonnen, Pricken, Leuchtfeuern und Baken weisen den Weg. Nicht selten segeln wir, keine Schiffslänge entfernt, an trocken liegenden Sandbänken vorbei. Wer keine Kielyacht hat, kann sich hier auch mal platt aufs Watt legen.

Die Strömungen in den Prielen erreichen viele Knoten Geschwindigkeit. ©Michael Amme

Alt, hübsch, lebendig: Harlingen am Festland

Eine der Wurzelspitzen endet am Festland bei Harlingen, unser Ziel an Tag fünf der Reise. Der riesige Vorhafen gehört den Fähren, Fischern und Handelsschiffen, die zwei großen Grachten der Innenstadt den Seglern und Plattbodenschiffen. Eingerahmt von alten Häusern aus längst vergangenen Jahrhunderten drängen sich die Besucheryachten im rappelvollen Noorderhaven, im Zuiderhaven stürmen lautstarke Schulklassen auf Plattbodenschiffe.

Im Norderhaven in Harlingen liegen die Yachten mitten im Zentrum. ©Michael Amme

IJsselmeer und Markermeer

Zum Ende des Törns verdunkeln dichte, graue Wolken den Himmel, der Wind nimmt zu, Zeit, sich in das geschützte IJsselmeer zurückzuziehen. Ein Binnenrevier, das durch den Bau des 29 Kilometer langen Abschlussdeiches 1932 von der Nordsee abgetrennt wurde. Der Südteil, abgetrennt durch den Bau eines weiteren Deiches, heißt Markermeer.

Zusammen misst das Seegebiet etwa 40 Seemeilen in der Länge, zehn Seemeilen in der Breite, die Wassertiefe beträgt maximal vier Meter. Ein Revier ausreichend groß für einen eigenen Törn. „Bei viel Wind sind die Wellen hier kurz und bockig“, weiß Kai zu berichten. Zum Glück ist das nächste der unzähligen Ziele aber stets in Sichtweite. Dazu sind viele der Häfen alte, geschichtsträchtige und sehenswerte Seefahrtsorte.

Die Seeschleuse Kornwerderzand ist auch in der Nebensaison noch gut besucht. ©Michael Amme

Vom Wattenmeer ins IJsselmeer gelangen wir durch die riesige Schleuse Kornwerderzand. Für ein Mittagessen stoppen wir in Makkum, ein kleiner, verschlafener Ort mit einer großen Werft für Megayachten, hier produziert auch KM Yachtbuilders Aluminiumyachten für weltweite Fahrt. Wir übernachten in Stavoren, die älteste friesische Stadt. Der Ort selbst war wegen seiner Lage an der Handelsroute zwischen Rhein und Nordsee schon vor Amsterdam ein bedeutender Hafen. Ob die alten Wahrzeichen dieser Epoche durch Sturmflut oder Krieg zerstört wurden, ist unklar, viel von der Vergangenheit ist jedenfalls nicht mehr zu sehen.

Die Einfahrt zum Hafen Stavoren ist gut befeuert. ©Michael Amme

Enkhuizen – die Schöne

Als letztes besuchen wir noch Enkhuizen, „die schönste Stadt am IJsselmeer“, wie Kai behauptet. Früher gab es hier einen bedeutenden Seehafen, die engen Gassen mit den Häusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert und der Dromedaris-Turm von 1540 erzählen noch heute von Enkhuizens damaliger Bedeutung als Handelsstadt.

Tipp: Die Geschichte der Stadt und die Bedeutung der Seefahrt werden auch im nahe dem Hafen gelegenen Zuiderzee-Museum – einem imposanten Freilichtmuseum – erlebbar.

Der Dromedaris-Turm im Hintergrund ist eines der ältesten Bauwerke der Stadt. ©Michael Amme

Marken – ein weiteres Highlight

„Bevor ihr zurück kommt, solltet ihr für einen Kaffee noch im Hafen von Marken stoppen“, hatte der Stützpunktleiter bei der Schiffsübergabe für seinen persönlichen Lieblingsplatz im Revier geworben. Beim Einlaufen bewundern wir die dunkelgrün und schwarz lackierten, schieferbedeckten Holzhäuschen rund um das kleine Hafenbecken. Und später, beim Spaziergang zum anderen Ende der kleinen Insel, den weißgetünchten Leuchtturm mit Wärterhäuschen – der so etwas wie das Wahrzeichen des Markermeers ist. „Irgendwie hat das hier alles so ein bisschen was von Bullerbü“, sage ich mehr zu mir selbst.

Das vermutlich meistfotografierte Wahrzeichen des Reviers auf der Insel Marken. ©Michael Amme

Fazit: Die Vielfalt des Segeltörns ist unübertroffen

Wer Zeit hat, könnte noch lange umherfahren und Orte wie Lemmer, Medemblick, Hoorn oder Edam besuchen. Oder noch tiefer in das Binnenland vorstoßen und wochenlang im weit verzweigten Netz aus Flussläufen und Kanälen verschwinden. Doch das wäre eine andere Reise mit einem anderen Charakter. Vermutlich ideal für Anfänger, Einsteiger, Familien und alle, die einfach nur eine entspannte Zeit auf dem Wasser verbringen wollen.

Der Reiz unserer Route liegt in ihrer Vielseitigkeit und der navigatorischen Herausforderung: geschützte Binnengewässer mit kuscheligen Küstenstädtchen auf der einen Seite, das offene Meer und die Weite und Natur der Nordseeinseln auf der anderen Seite. Dazu das anspruchsvolle Segeln und das präzise Navigieren entlang der gewundenen Fahrwasser des Wattenmeeres. Und als i-Tüpfelchen gibt es mit Amsterdam eine europäische Topmetropole obendrauf. „Wozu soll ich zum Segeln überhaupt noch bis ins Mittelmeer fahren?“, frage ich mich kopfschüttelnd.

Auch der Ausgangshafen Monnikendamm besticht mit seinem Charme. ©Michael Amme

Charter

Das Charterangebot im Revier ist groß und vielfältig. Rund um das IJsselmeer und Markermeer gibt es viele Flottenbetreiber, die neben herkömmlichen Kielyachten auch die traditionellen Plattbodenschiffe im Programm haben, Katamarane gibt es so gut wie keine. Egal von welchem Stützpunkt aus man startet, die Entfernung zum Wattenmeer ist nie weit. Auf den Inseln im Wattenmeer selbst gibt es keine Chartermöglichkeiten.

Charterstützpunkte wie hier in Monnikendamm gibt es viele im Revier. ©Michael Amme

Auch mit einer tiefgehenden Kielyacht können alle beschriebenen Ziele tideunabhängig erreicht werden. Schlauchboot und Außenbordmotor sind beim Chartern immer Extras und müssen dazu gebucht werden, sind auf dem beschriebenen Törn aber nicht notwendig. Fast überall an den Charterbasen wird auch deutsch gesprochen, Übergabetag in Holland ist meist der Freitag, Bettzeug muss in der Regel mitgebracht oder kostenpflichtig als Extra bestellt werden.

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Weitere Infos zum Revier

Das Revier

Am anspruchsvollsten ist das Segeln im Wattenmeer. ©Michael Amme

Die Nordsee, das Wattenmeer und die geschützten Binnenreviere sorgen für Abwechslung und sind jeweils nur eine kurze Tagesfahrt voneinander entfernt. Das ist ideal, um den Törn dem Wetter und dem Können anzupassen. Die längste Etappe ohne Haltemöglichkeit liegt in der Nordsee zwischen IJmuiden am westlichen Ende des Noordzeekanaals und Den Helder am nordwestlichen Ende des IJsselmeers und beträgt 32 Seemeilen.

Navigation & Seemannschaft

Im IJsselmeer und Markermeer gibt es keine Gezeiten-Strömungen und keinen Tidenhub. Auf der Nordsee und den vorgelagerten Inseln erreicht der Tidenhub hingegen bis zu 2,5 Meter bei Springtide. Der Gezeiten-Strom liegt auf der Nordsee bei bis zu zwei Knoten und in den Prielen vom Wattenmeer bis zu vier Knoten. Die Fahrwasser sind alle bestens mit Seezeichen in allen Formen und Farben markiert. Die Navigation ist auch für den Anfänger schnell zu erlernen, sollte aber nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Seezeichen in allen Formen und Farben: die Tonnenleger-Station auf Terschelling. ©Michael Amme

Wind und Wetter

Vom atlantischen Orkantief bis zur sonnigen Ostwindlage ist alles möglich. Meist herrscht jedoch das typisch wechselhafte Wetter der Westwindzone mit Winden aus Südwest über West bis Nordwest. Der Küstensaum und die Inseln verzeichnen die meisten Sonnenstunden der Niederlande (ca. 1600/Jahr), ab Juli nehmen aber auch hier die Regentage zu. Ausführliche und aktuelle Wetterberichte hängen in jedem Hafenbüro aus.

Genug Wind zum Segeln gibt es in Holland fast immer. ©Michael Amme

Häfen und Ankerplätze

Die Auswahl an Häfen und Liegeplätzen rund um IJsselmeer und Markermeer ist riesig, die Nordseeinseln haben jeweils eine Marina, an den Küsten gibt es mit IJmuiden, Den Helder und Harlingen zudem einige große Hafenorte. Amsterdam bietet mit dem Sixhaven eine zentrumsnahe Marina gegenüber dem Hauptbahnhof (eine fußläufig entfernte Fähre verbindet die beiden Ufer). Die Liegeplatzpreise sind moderat und mit der deutschen Ostsee zu vergleichen, meist zuzüglich Strom und Duschen. Ausgewiesene oder im Handbuch beschriebene Ankerplätze gibt es so gut wie keine im Revier. Wer mit einer Schwertyacht oder einem Plattbodenschiff unterwegs ist, kann sich im Watt trockenfallen lassen, auch über Nacht.

Fast alle Häfen sind, wie hier auf Terschelling, sehr gut ausgestattet. ©Michael Amme

Einzelne Häfen im Detail

Über die interaktive Karte kannst du zu ausgesuchten Häfen weitere Informationen abrufen.

Literatur & Seekarten

• Revierführer für Binnen: Jan Werner, „Holland 2“. Delius Klasing Verlag.
• Für die Nordsee und das Wattenmeer: Jan Werner , „Nordseeküste 1“. Delius Klasing Verlag.
• Strömungskarten und Tidenkalender für die Navigation in der Nordsee und dem Wattenmeer: Waterstanden en Stromen (HP33), erscheint jährlich neu
• NV Atlas Nederland: NL02 für Wattenmeer und die Inseln, NV-Verlag
• NV Atlas Nederland: NL03 für IJssel- und Markermeer, NV-Verlag

Info zu Normalnull und Seekartennull

Der Amsterdamer Pegel ist der mittlere Wasserstand der Nordsee, er wird in der Schleuse von IJmuiden gemessen. Das so genannte Normalnull (NN) gilt in vielen Ländern als Bezugsfläche für Höhenangaben, hat aber nichts mit dem Kartennull der Seekarten zu tun. Die Bezugsfläche für Seekartennull (SKN) war für die Nordsee bis 2004 das mittlere Springniedrigwasser (MSpNW). Seit 2005 haben alle Nordseeanrainerstaaten auf ein einheitliches Seekartennull umgestellt. Jetzt ist der „niedrigst mögliche Gezeitenwasserstand“ die neue Bezugsfläche, auch „Lowest Astronomical Tide“ (LAT) genannt. Sie liegt, je nach Region, etwa 50 Zentimeter unter dem alten Seekartennull.

Hier am IJsselmeer gibt es keine Schwierigkeiten mit den Wasserständen. ©Michael Amme

Die Tiefenangaben aktueller Seekarten sind dementsprechend geringer, an den tatsächlichen Wassertiefen hat sich selbstverständlich nichts geändert. Jetzt aber werden die Angaben selbst bei extremen Springtiden nicht mehr unterschritten und sollen so zu mehr Sicherheit im Seeverkehr führen. LAT wurde auch von der International Hydrographic Organisation (IHO) übernommen. Allen Mitgliedstaaten mit einem Tidenhub mit mehr als 30 Zentimeter wird empfohlen, auf das System umzustellen.

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